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Lösegeld: Offiziell bleibt man hart - inoffiziell werden Geldkoffer getauscht

Von Konstanze Walther

Analysen

Die Entführung zweier Österreicher in der Sahara macht klar: Es gibt kein offizielles Schema F bei Lösegeldforderungen. Denn wenn explizit klargestellt wäre, dass ein Staat jedenfalls für Entführungen Lösegeld zahlt, dann wären solche Verbrechen wahrscheinlich noch viel häufiger. So bleibt den Entführern wenigstens ein gewisses Restrisiko. Nämlich, ob sich der erpresste Staat seines humanistischen Gedankenguts entsinnt und Menschenleben über alles stellt - oder eben auch nicht: damit er als Staat nicht angreifbar wird.


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Eine Frage, die zuletzt vergangenen Herbst vermehrt - anlässlich des RAF-Jahrestags - abgehandelt worden ist. Mit dem Ergebnis, dass die einstigen Entscheidungsträger sich bis heute noch nicht sicher sind, ob sie richtig gehandelt haben - egal, ob sie sich zum Nachgeben oder zum Hartbleiben entschieden haben. Eine Frage mit der sich die österreichische Regierung nun ebenfalls herumschlagen muss. Eins vorweg: Eine saubere Lösung wird nicht zu finden sein.

Zur Theorie: "Man muss die Schutzpflicht des Staates gegenüber Provokationen des Staates abwägen", erklärt etwa Eva-Maria Maier, Professorin am Wiener Juridicum. Das bedeutet in der Praxis, dass "jedesmal von Fall zu Fall" entschieden werde. Denn humanitäre Gründe spielen als Argument genauso herein wie der Zweck, für den das erpresste Geld verwendet werden würde. Da muss man hinsichtlich des Bedrohungspotenzials differenzieren. Denn finanziert man durch die Zahlung von Lösegeld eine terroristische Organisation, ist der Destabilisierungseffekt für die internationale Sicherheit um einiges größer, als wenn man einer "bloß" verbrecherischen Organisation eine hohe Summe bereitstellt.

Zusätzlich wird unter Rechtsphilosophen auch angenommen, dass das Zahlen von Geld den Staat weniger in eine moralische Zwickmühle bringt als die Freilassung von gefährlichen Gefangenen auf Grund von Erpressungen. Doch selbst das hat die deutsche Bundesregierung zu RAF-Zeiten teilweise getan.

Im Falle der Geiselnahme zweier Österreicher in Nordafrika hat der österreichische Vermittler Anton Prohaska Lösegeldzahlungen kategorisch ausgeschlossen. Auf solche Vereinbarungen lasse sich die Regierung nicht ein.

Das ist die übliche offizielle Linie. Inoffiziell hat sich zumindest in Deutschland eine andere Linie entwickelt. Allein 2007 und 2006 wurde ein halbes Dutzend Deutscher Bürger im Ausland entführt.

Laut Medienberichten ist jedesmal Lösegeld geflossen. Das deutsche Auswärtige Amt und die Bundesregierung strapazierten in ihren diesbezüglichen Statements abwechselnd die Satzbausteine "absolute Geheimhaltung" und "kein Kommentar".

Ein absolutes Dementi der Lösegeldzahlung hat es aber in keinem der Fälle gegeben. Seite 7