Telekom-Affäre: Die Strafen von Peter Hochegger und Gernot Rumpold wurden reduziert.
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Wien. Grau sieht er aus. Die Wangen eingefallen, die Bartstoppeln weiß durchwirkt und viel zu lang. Klein für einen Mann war Peter Hochegger immer schon, aber jetzt, als er von zwei grimmigen Justizwachebeamten in Handschellen in den Verhandlungssaal des Wiener Straflandesgerichts geführt wird, wirkt der 67-Jährige wie ein Schatten seiner selbst.
Ganz unbeabsichtigt dürfte dieses Auftreten nicht gewesen sein. Der frühere Lobbyist sitzt seit knapp einer Woche in Untersuchungshaft, weil er zu einem für 9. August anberaumten Verhandlungstermin über die Strafhöhe aus der Telekom-Causa nicht erschienen war. Sein Anwalt Karl Schön hatte damals erklärt, sein Mandant sei in der Schweiz zusammengebrochen, akut suizidgefährdet und daher nicht verhandlungsfähig. Am 16. August erfolgte die Festnahme Hocheggers in der Privatklinik St. Radegund bei Graz. Wegen Fluchtgefahr wurde die Untersuchungshaft über ihn verhängt.
"Gefälligkeitsgutachten"
Auch am Dienstag, als Hochegger nun notgedrungen vor dem Schöffensenat rund um Richter Wolfgang Etl erschien, führte Schön Hocheggers schlechten Zustand ins Treffen, um eine Vertagung der Verhandlung zu erreichen. Bei Etl stieß er dabei allerdings auf taube Ohren - dieser bezeichnete die von Hochegger vorgebrachten Privatgutachten über seine Verhandlungsunfähigkeit gar als "Gefälligkeitsgutachten". Denn Gerichtspsychiaterin Sigrun Roßmanith, die den Ex-Lobbyisten in der U-Haft begutachtet hatte, führte detailliert aus, warum Hochegger nicht suizidgefährdet und verhandlungsfähig sei.
Bereits im Jahr 2013 hatte das Erstgericht den Ex-Lobbyisten im Telekom-IV-Verfahren wegen Beteiligung zur Untreue zu zweieinhalb Jahren unbedingter Haft verurteilt, weil er 2006 Schmiergeldzahlungen der Telekom in Höhe von 960.000 an das BZÖ weitergeleitet haben soll. Der Oberste Gerichtshof bestätigte dieses Urteil im November 2015, hob das Strafmaß aber auf. Denn Hochegger war auch wegen falscher Zeugenaussage vor dem Korruptions-U-Ausschuss verurteilt worden. Laut OGH hätte ihm das Erstgericht aber einen möglichen Aussagenotstand zugutehalten müssen - also, dass die Falschaussage wohl nur deshalb zustande kam, um die Gefahr einer strafrechtlichen Verfolgung von sich abzuwenden.
Nun ging es also um die Festsetzung der Strafhöhe aufgrund der rechtskräftigen Verurteilung wegen Untreue als Beteiligter. Staatsanwalt Michael Radasztics betonte, dass eine durchschnittliche Österreicherin mehr als 41 Jahre arbeiten müsse, um die veruntreute Summe zu verdienen. Anwalt Schön meinte hingegen, es sei ja nicht ein "armes Mutterl" bestohlen worden, eine Summe in dieser Höhe sei für die Telekom ja "kein Betrag". Sein Mandant selbst habe sich nicht bereichert, "hier wird mit Hochegger ein kleiner Dienstleister verurteilt, das ist ein Dienstleisteropfer".
Das Urteil für das "Dienstleisteropfer" fiel vergleichsweise mild aus: Nach der knapp einstündigen Verhandlung wurde Hocheggers Strafe auf zwei Jahre, davon acht Monate unbedingt, reduziert. Richter Etl sah die lange Verfahrensdauer und Hocheggers "sozialen, gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Abstieg" als Milderungsgründe an, durch den Wegfall der Falschaussage vor dem U-Ausschuss fiel auch der Erschwerungsgrund weg, dass das Verbrechen gemeinsam mit einem Vergehen begangen wurde.
Hocheggers Anwalt gab vorerst keine Erklärung ab - er hat nun drei Tage Zeit, Berufung gegen das Strafausmaß oder Nichtigkeitsbeschwerde anzumelden. Sein Mandant bleibt vorerst in U-Haft, sollte das Urteil rechtskräftig werden, muss er wohl direkt von der U- in die Strafhaft übersiedeln. Auch das Buwog-Verfahren könnte dem nach eigener Auskunft beinahe mittellosen Pensionisten - über den Wert seiner Immobilien in Brasilien wollte er keine Auskunft erteilen - noch Ärger einbringen: Die Probezeit für Hocheggers bedingte Strafe beträgt drei Jahre, sollte er also bis dahin in Sachen Buwog verurteilt werden, hätte das auch Auswirkungen auf die Telekom-Strafe.
Rumpold erleichtert
Dass Gernot Rumpold hingegen jemals ein Gefängnis von innen sehen wird, darf bezweifelt werden. Der ehemalige FPÖ-Politiker musste ebenfalls am Dienstag vor Gericht erscheinen - auch er wegen der Festsetzung der Strafhöhe nach Bestätigung des Telekom-Urteils durch den OGH. Er hatte 600.000 von der Telekom entgegengenommen und diese mit offenen Forderungen an die Freiheitlichen gegenverrechnet. Vor Richter Etl zeigte er sich reuig: "Aus heutiger Sicht war das nicht o.k., ich habe mich mit zwei Rechnungen meiner Existenz beraubt." Rumpold, der sich mittlerweile in Privatinsolvenz befindet und Mindestsicherung beantragt hat, wurde zu 33 Monaten verurteilt, davon 11 unbedingt. Er nahm die Strafe an. Sollte der Staatsanwalt ebenfalls auf Rechtsmittel verzichten, kann Rumpold eine Fußfessel beantragen. "Das ist Zukunftsmusik", meinte sein Verteidiger Markus Singer. Rumpold schien jedenfalls sehr zufrieden mit dem Strafmaß.
Alte Rechtslage anwendbar
Interessant ist, dass die Strafreduktion in beiden Fällen nichts mit der neuen Rechtslage zu tun hat, wonach die Wertgrenze bei Untreue seit 1. Jänner von 50.000 auf 300.000 Euro angehoben wurde. Dass das Günstigkeitsprinzip angewendet werden muss, also bei Änderungen der Rechtslage zwischen Tat und Urteil die für den Angeklagten bessere Bestimmung angewendet werden muss, gilt nicht, wenn das Urteil schon vor der neuen Rechtslage bestätigt wurde. Sowohl bei Rumpold als auch bei Hochegger hatte der OGH schon 2015 entschieden, die Festsetzung der Strafhöhe musste also nach altem Recht erfolgen.