Bleibt Ungarns Schließung seiner Grenzen aufrecht, ist die 24-Stunden-Betreuung in Österreich nicht gesichert.
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Nichts ging mehr in Nickelsdorf. Mehr als 20 Kilometer stauten sich die Lkw, und eine zehn Kilometer lange Pkw-Kolonne reihte sich am Dienstag an der burgenländisch-ungarischen Grenze. Denn seit Mitternacht dürfen nur noch ungarische Staatsbürger und EU-Bürger, die in Ungarn registriert sind, ins Nachbarland einreisen. In Nickelsdorf saßen vor allem Bulgaren und Rumänen fest, die in Deutschland oder Frankreich arbeiten und zurück in ihre Heimatländer wollten.
Für sie werde die Grenze am Abend kurzfristig von Ungarn geöffnet. Diese "einmalige Ausnahme", gab der rumänische Außenminister Bogdan Aurescu nach Telefonaten mit seinen Amtskollegen aus Österreich und Ungarn bekannt.
Zuvor waren auch die ungarisch-rumänischen Übergänge ebenfalls nicht mehr passierbar. Rumäninnen, die in der 24-Stunden-Betreuung in Österreich tätig sind und sich derzeit in ihrem Heimatland befinden, konnten somit nicht mehr über Ungarn mit dem Auto nach Österreich reisen. Diese Route wählen jedoch laut Sozialministerium die Hälfte aller 24-Stunden-Betreuerinnen. Sie kümmern sich um rund 33.000 Pflegebedürftige in Österreich.
Wohnsitz in Österreich unleistbar
Wie wichtig Rumäninnen für die Aufrechterhaltung der Pflege hierzulande sind, verdeutlicht ein Blick auf die Statistik der Wirtschaftskammer. Dort wurden Ende Juni 2019 knapp 62.000 Personen als selbständige Personenbetreuer geführt. Fast 46 Prozent von ihnen stammen aus Rumänien, 35 Prozent aus der Slowakei. Mit großem Abstand folgen Ungarinnen mit sechs Prozent.
Ein ähnliches Bild zeigt sich beim Verein "Caritas Rundum Zuhause betreut". Von den 800 Betreuerinnen ist die Hälfte derzeit im Einsatz, und von jenen 400 Personen stammt die Hälfte aus Rumänien. Gewöhnlicherweise bleiben die Pflegerinnen für zwei bis maximal vier Wochen am Stück in Österreich und fahren danach wieder in ihre Heimat, wo sie einen ebenso langen Zeitraum verbringen, bis sie wieder nach Österreich zurückkehren. "Einen Wohnsitz in Österreich können sie sich nicht leisten", sagt Caritas-Generalsekretär Bernd Wachter zur "Wiener Zeitung".
Noch kann die Caritas den drohenden Pflege-Engpass abfedern. Bestehende Bescheide bei Zivildienern wurden verlängert. Mit Angehörigen wurde die Übernahme von Pflegediensten besprochen, mobile Pflegekräfte sollen 24-Stunden-Betreuerinnen entlasten, damit diese ein bisschen Freizeit haben. Einige der Betreuerinnen haben auch zugesagt, dass sie bis Ostern bleiben. "Doch das sind alles nur Teillösungen", sagt Wachter, der auch Obmann des Vereins "Caritas Rundum Zuhause betreut" ist. "Wir brauchen eine Lösung im Lauf der nächsten Woche."
Damit meint Wachter eine permanente Ausnahme der Grenzschließungen für Pflegekräfte. Daran arbeiten die Ministerien mit Hochdruck. Gesundheitsminister Rudolf Anschober verwies vergangene Woche auf andere Grenzschließungen, bei denen "der Berufspendlerverkehr weiter ermöglicht wurde".
Rumänien erleichtert Anstellung von Gesundheitspersonal
Bisher kam es noch zu keiner Lösung mit Ungarn. Eine Anfrage im Außenministerium in Budapest blieb unbeantwortet. Das österreichische Sozialministerium erklärte gegenüber der "Wiener Zeitung": "Wir arbeiten derzeit mit Hochdruck daran, Lösungen für diese Problematik zu finden."
Nicht nur das österreichische Pflegesystem ist dringend auf eine Lösung angewiesen, sondern auch jede Betreuerin: "Das Einkommen der Pfleger ist notwendig, um den Lebensunterhalt in Rumänien aufrechtzuerhalten", betont Bernd Wachter. In den meisten Fällen hätten die Betreuerinnen Familie.
Umgekehrt hat Rumäniens Präsident Klaus Johannis Anfang der Woche in seinem Notstandsdekret auch verfügt, dass das Prozedere zur Anstellung von Gesundheitspersonal vereinfacht wird. Einen Aufruf, dass Pfleger und Ärzte jetzt nicht ausreisen sollen, gab es jedoch nicht.
Besser als im Falle Rumäniens ist die Lage bei den slowakischen Pflegerinnen. Zwar müssen Personen, die in die Slowakei einreisen, in 14-tägige Quarantäne. Gesetzlich davon ausgenommen sind allerdings Slowaken, die im Gesundheits- oder Pflegewesen in Grenzgebieten außerhalb ihrer Heimat arbeiten.