Slowenenvertreter sprechen von "Druck und Diktat". | Zustimmung des Rats der Slowenen eher zweifelhaft. | Politische Umsetzung aber so gut wie fix. | Wien. Als sich Kärntens Landeshauptmann Gerhard Dörfler (FPK) und Staatssekretär Josef Ostermayer (SPÖ) am Freitagabend zur Einigung im Kärntner Ortstafelstreit gratulierten, stand Valentin Inzko vom Rat der Kärntner Slowenen mit eisiger Miene und einigem Abstand daneben. Schon damals erklärte er, nur Teile der Lösung mitzutragen. | Analyse: Eine Ortstafel-Lösung, aber doch irgendwie eine unbefriedigende | Slowenenvertreter Marjan Sturm im Interview
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Je mehr Zeit vergeht, umso unzufriedener werden die Vertreter der slowenischen Volksgruppe mit der vermeintlich historischen Einigung.
Geeinigt hat man sich darauf, neben den in der Topographieverordnung von 1977 festgelegten und seit 2001 vom Verfassungsgerichtshof (VfGH) entschiedenen Ortschaften in Orten mit 17,5 Prozent slowenischsprachiger Bevölkerung (Basis: Volkszählung 2001) zweisprachige Ortstafeln aufzustellen. Das betrifft 150 bis 160 Orte.
Für Inzko sind die 17,5 Prozent deutlich zu viel, "nicht akzeptabel" und wohl auch völkerrechtswidrig, wie er der "Wiener Zeitung" erklärte. Er gehe davon aus, dass der Rat dem nicht zustimmen werde, weil der VfGH bisher immer von zehn Prozent ausgegangen sei. Man könne nicht plötzlich von der Logik und Methodik des VfGH abweichen, so Inzko. Auch Verfassungsrechtler Heinz Mayer hatte am Wochenende erklärt, mit den 17,5 Prozent würde die VfGH-Judikatur ausgehebelt.
"Geradezu sensationell"
Das sieht Ex-VfGH-Präsident Ludwig Adamovich anders. Der VfGH habe nicht im Spruch, sondern in der Begründung die zehn Prozent angenommen, daher sei eine Einigung vertretbar, die sich nicht zu weit von den zehn Prozent entferne und nicht zu nah an jene 25 Prozent herankomme, die der VfGH 2001 aufgehoben hat. Und: "Wenn man die Vorgeschichte kennt, ist das geradezu sensationell", so Adamovich zur "Wiener Zeitung".
Verfassungsexperte Bernd-Christian Funk meint dazu, dass eine derartige Regelung in einem einfachen Gesetz "wohl nicht halten" würde, als Verfassungsgesetze aber schon. Für Funk ist die Einigung aber "kein Grund zum Jubeln" und "eine unglückliche Lösung", wenn die Volksgruppenvertreter nicht zustimmen sollten.
Beim Rat ist eine Zustimmung unwahrscheinlich, auch wenn Inzko von "50:50" spricht. Zentralverband und Gemeinschaft der Kärntner Slowenen dürften wohl zustimmen, auch wenn die 17,5 Prozent "schwer zu verdauen" seien, wie der Chef der Gemeinschaft, Bernard Sadovnik sagt.
Wieso hat man denn am Freitag überhaupt zugestimmt? Man habe nicht vorbehaltlos zugestimmt, sagt Nanti Olip vom Rat der Kärntner Slowenen. Aber man habe sich "dem Druck und dem Diktat gebeugt, um nicht vom Tisch gewiesen zu werden". Dörfler und Ostermayer hätten "eine Betonwand aufgezogen, an der alles abgeprallt ist", so Olip. Schließlich hätte man den Druck noch erhöht, indem man Förderungen von der Zustimmung zum Kompromiss abhängig gemacht habe. Hat man die Zustimmung der Kärntner Slowenen also erkauft? "Erkauft ist zu vornehm - erpresst", sagt Olip.
"Fühle mich erniedrigt"
Von Erpressung will Inzko zwar nicht reden, aber auch er fühle sich "erniedrigt und gedemütigt". Schließlich habe man viel Zeit und Energie investiert, um nachher dort anzukommen, wo man schon im November war.
Solche Einwände will Landeshauptmann Dörfler nicht gelten lassen: "Von Druck kann keine Rede sein." Seit Monaten habe man an einer Lösung gearbeitet und nun versuche der Rat, ein völlig verzerrtes Bild von den Gesprächen zu zeichnen. Dies zeige, dass die Gruppe keinen Konsens und keine Lösung wolle. Was die vereinbarten Förderungen für Musikschulen, zweisprachige Kindergärten, Medien- und Kulturprojekte angehe, so sei man so großzügig gewesen "wie noch nie".
Politisch ist die Ortstafeleinigung so gut wie fix. Bis 30. September soll das Gesetz in Kraft sein. Für ein Verfassungsgesetz brauchen SPÖ und ÖVP aber auch eine Oppositionspartei. Die FPÖ will zustimmen, dafür müsse die Regierung aber mehr für die deutschsprachige Minderheit in Slowenien tun. Als Konnex will man das aber nicht verstanden wissen. Auch das BZÖ lässt anklingen, einer Einigung nicht im Wege stehen zu wollen.
Geht es nach Dörfler und Ostermayer, soll die Einigung übrigens notfalls auch ohne Zustimmung des Rats der Kärntner Slowenen umgesetzt werden. Dazu zitiert Valentin Inzko einen Satz von Kanzler Werner Faymann, wonach man über die Kärntner nicht drüberfahren dürfe. "Wir sind auch Kärntner und österreichische Staatsbürger - über uns darf man auch nicht drüberfahren", so Inzko.