Auf der Suche nach einem Konsens in der Frage zweisprachiger Ortstafeln in Kärnten kamen sich die Parteien am Donnerstag ein Stück entgegen. Es müsse eine Lösung ohne Festlegung auf fixe Prozentsätze sein, darin herrschte Einigkeit. Skeptisch stehen VertreterInnen der Kärntner SlowenInnen jedoch den Plänen gegenüber, die Regelungskompetenz auf Gemeindeebene zu verlagern. Und gar nichts abgewinnen können sie der Forderung nach einer Volksbefragung in Kärnten. Die FPÖ beharrt jedoch weiterhin darauf.
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Prozentpunkte waren der Zankapfel, ein Abgehen davon soll eine Lösung bringen. Nachdem der Verfassungsgerichtshof die so genannte Ortstafelregelung im Volksgruppengesetz aufgehoben hat, war damit auch die Untergrenze von 25 Prozent Bevölkerungsanteil für zweisprachige topographische Bezeichnungen gestrichen.
Es werde keine zusätzlichen zweisprachigen Ortstafeln geben, solange er Landeshauptmann sei - nicht auf Grund des VfGH-Erkenntnisses, verkündete Jörg Haider daraufhin. Allerdings schloss er vor wenigen Tagen nicht aus, dass er gewisse Möglichkeiten auf dem Weg zu einem Konsens sehe. Diesen wollte auch Bundeskanzler Wolfgang Schüssel beschritten wissen - und berief für den 25. April eine Konsenskonferenz ein, an der VertreterInnen der FPÖ, ÖVP, SPÖ, Kärntner SlowenInnen sowie der Heimatverbände teilnahmen.
Mit einer Klärung aller Fragen rechnete dabei kaum jemand. Das Treffen, dem weitere folgen werden, diente eher einer Darlegung der jeweiligen Positionen. Und diese hatten sich im Lauf der vergangenen Wochen bereits angenähert.
So waren sich alle drei im Kärntner Landtag vertretenen Parteien einig, von einer Festlegung auf neue Prozentsätze abzusehen. Damit können sich auch VertreterInnen der Volksgruppe anfreunden. "Wir können uns vorstellen, dass wir gesetzlich keine Prozente festschreiben, uns aber politisch auf eine Liste der Ortschaften festlegen, in denen zweisprachige Bezeichnungen anzubringen sind", erklärte Marjan Sturm, Obmann des Zentralverbandes Slowenischer Organisationen in Kärnten.
In dem "Verzicht auf Prozente" und der Suche nach einer genauen Definition von "gemischtsprachigem Gebiet" sah der Klubobmann der Kärntner ÖVP, Klaus Wutte, einen Lösungsansatz. Er sei schon früh davon überzeugt gewesen, dass eine Umsetzung des VfGH-Erkenntnisses ohne weiteres nicht möglich wäre. Gegen eine Ausweitung der Ortstafelregelung sprachen sich die Kärntner Heimatverbände aus.
Die FPÖ pocht auf eine Verlagerung auf kommunale Ebene. Die Gemeinden sollen über zweisprachige Ortstafeln entscheiden, plädierte Klubobmann Martin Strutz.
Dies lehnen SlowenInnen-Vertreter ab. "Das hat bis jetzt nicht funktioniert", meinte Sturm. Die Kärntner SPÖ sieht es ähnlich. Die Verantwortung solle nicht den Gemeinden übertragen werden sondern beim Bund bleiben, betonte Vorsitzender Peter Ambrozy. So ließe sich per Verordnung festlegen, welche Gebiete zweisprachig zu beschildern seien. Die Kompetenz bleibe "natürlich" beim Bund, stellte Wolfgang Schüssel fest. Es sei aber auch denkbar, "in so einer Bundesverordnung den Gemeinden bestimmte Regelungsmöglichkeiten zu übertragen". Ein "Anreiz" könnten den Gemeinden dabei die von Schüssel angesprochenen wirtschaftlichen Begleitmaßnahmen, ähnlich der Grenzlandförderung, sein.
Eine Forderung hält die FPÖ jedenfalls aufrecht: die nach einer Volksbefragung zu mehr zweisprachigen Ortstafeln in Kärnten. "Egal, welche Lösung gefunden wird - die Bevölkerung muss befragt werden", stellte Martin Strutz klar. Auch wenn in Wien alle hinter dem Gesprächsergebnis stehen, solle es in Kärnten abgesichert werden.
Die ÖVP steht dem "an sich eher ablehnend" gegenüber. "Es wäre eine unnotwendige Fleißaufgabe", meinte Klaus Wutte. Mehr Offenheit gegenüber der Idee einer Volksbefragung signalisierte Peter Ambrozy. Doch auch er betonte: "Mich interessiert zunächst das Ergebnis der Gespräche."
Für Marjan Sturm stellt sich die Frage allerdings nicht. Die FPÖ-Initiative kommentierte er mit einer Aussage des Mitautors der österreichischen Verfassung, Hans Kelsen: Über Grundwerte könne nicht abgestimmt werden.