"Gerechtigkeit für Österreichs Politik." Dieser Forderung nachzukommen, ist leichter gesagt als getan. Dafür sind die Akteure wenigstens mitverantwortlich.
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Es ist - und das hat jetzt fast nichts mit der Art und Weise zu tun, wie Josef Cap seinen nunmehr begonnenen Einstieg in den politischen Ausstieg dramaturgisch in Szene setzt - eine beachtliche Herausforderung, halbwegs fair und angemessen mit dem Zustand der österreichischen Politik und ihrem federführenden Personal umzugehen. Zumal Land und Leuten ja aller Voraussicht nach wohl mehr vom Gleichen für die kommenden fünf Jahre in Aussicht gestellt ist.
Einerseits muss man geradezu verzweifeln angesichts der wohlbegründeten Vermutung, um wie viel besser das Land dastehen könnte, würden nur einige Probleme mit der gebotenen Ernsthaftigkeit angegangen werden. Und von politischen Kraftanstrengungen wie Pensionen oder Föderalismus, die manche als unzumutbar empfinden, ist da noch gar nicht die Rede.
Andererseits wurden von den siebzehn Staaten der Eurozone seit Ausbruch der Finanzkrise genau zwei Regierungen von den Wählern im Amt bestätigt: Bei der einen handelt es sich um jene Estlands, die unmittelbar vor den Wahlen 2011 den Beitritt zur Eurozone erreichte (was in unmittelbarer Nähe zu Russland noch als politischer Erfolg auch in Krisenzeiten gewertet wird); die andere ist ausgerechnet die, wenn man dem Tenor der Berichterstattung Glauben schenkt, angeblich unbeliebteste Koalition ever, nämlich Rot-Schwarz in Wien. Die übrigen fünfzehn Regierungen wurden von den p.t. Bürgern teils fast schon mit nassen Fetzen aus dem Amt gejagt. (Falls jetzt jemandem der Einwand "aber Angela Merkel in Deutschland hat doch . . ." auf der Zunge liegt, nur zur Erinnerung: Ja, auch Schwarz-Gelb in Berlin wurde abgewählt, die FDP flog hochkant aus dem deutschen Bundestag.)
Zwischen diesen beiden Polen bewegt sich die hiesige politische Befindlichkeit, wobei es auch kein Beitrag zur Verbesserung der Situation ist, dass die Politik selbst ausschließlich auf die zweite, die nüchtern-argumentative Interpretationsvariante hinweist, während der große Rest des Landes sich vom unguten Bauchgefühl überwältigt sieht.
Die Einseitigkeit der Betrachtungsweise durch eine Mehrheit im Land dürfen Politiker allerdings nur eingeschränkt als Ungerechtigkeit empfinden. Zumal, wenn man bedenkt, dass es dieselben Politiker sind, die nichts unversucht lassen, an ebendieses Bauchgefühl der Bürger zu appellieren, wenn es denn nur den eigenen Interessen dienlich ist. Oder, um auf das eingangs erwähnte Beispiel Josef Caps zurückzukommen, einfacher ausgedrückt: Es gibt gute Hinweise, dass Österreichs Politiker nicht überbezahlt sind; eine solche Debatte kann allerdings nur dann sinnvoll geführt werden, wenn nicht zuvor das bloße Geldverdienen jenseits des Medianeinkommens unter Generalverdacht der Unverhältnismäßigkeit geziehen wurde.
Da kann man es dann wahlweise mit dem eben erst verstorbenen Undergroundpoeten Lou Reed im Song "Perfect Day" oder, je nach Gusto eben, mit den Worten Paulus’ an die Galater halten: Ihr werdet nur das ernten, was Ihr gesät habt. Kausalität ist jedenfalls vorhanden.