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Die Form der künftigen EU-Kommission nimmt allmählich Konturen an. Wegen der tschechischen Blockade des Lissabon-Vertrags könnte sich die Einigung auf ein Personalpaket bis Dezember ziehen. Zugeknöpft gibt man sich in Brüssel über die Strategie von Kommissionspräsident Jose Manuel Barroso bei der Auswahl des österreichischen Vertreters für die nächsten fünf Jahre. Womöglich hat er heute, Donnerstag, schon ein Angebot im Gepäck.
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Das kennen bis zum Treffen mit der österreichischen Regierung aber höchstens er und ein paar seiner Vertrauten.
Klar ist lediglich, dass der Portugiese vor der schwierigen Balanceaufgabe steht, kein Land vor den Kopf zu stoßen, und Österreich in seinen Wunschressorts auf Konkurrenz stößt oder schlicht ungeeignet ist.
So wird für Wilhelm Molterer, den früheren Landwirtschafts- und Finanzminister und Favoriten von Vizekanzler Josef Pröll, häufig das Agrarressort kolportiert. Dagegen spricht, dass Österreich den Job mit Franz Fischler bereits für zehn Jahre hatte. Zudem spitzt der frühere rumänische Agrarminister Dacian Ciolos auf das Ressort und soll dabei die Unterstützung der Franzosen genießen. Gegenüber Bukarest hat Barroso auch einiges gutzumachen. Bisher stellten die Rumänen den Mehrsprachigkeitskommissar Leonard Orban, dessen Job als kompetenzfreie Verlegenheitslösung gilt. Auch die Iren lobbyieren heftig für einen ihrer Landsleute an der Spitze der europäischen Agrarpolitik.
Alternativ könnte sich Dublin den Forschungskommissar vorstellen, einen Job, den der bisherige Amtsinhaber Janez Potocnik aus Slowenien eigentlich gerne behalten würde. Österreich hat für seinen Sessel vorsichtshalber schon einmal Wissenschaftsminister Johannes Hahn in Stellung gebracht. Nicht erklärbar ist aber bisher, warum Hahn statt Molterer geschickt werden sollte. Dessen Haupthürde ist nämlich, dass er keine Frau ist und Barroso eher kleinere Mitgliedsstaaten drängt, ihm bei der Erfüllung seiner Frauenquote in der künftigen EU-Kommission zu helfen.
Da kommt Benita Ferrero-Waldner, die ihre Zukunft in Brüssel bereits abgeschrieben hatte, wieder ins Spiel. Die Optik ist zwar nicht die beste. Nachdem ihr aus Wien signalisiert worden war, dass Molterer der nächste EU-Kommissar werde, bewarb sie sich im Mai Hals über Kopf und ohne Erfolg als Unesco-Generalsekretärin. Doch Barroso soll die loyale, fleißige und nicht besonders aufmüpfige österreichische Diplomatin über die letzten fünf Jahre ziemlich ans Herz gewachsen sein, wie man hört. Für ihn könnte Ferrero-Waldner die Idealbesetzung sein.
Fragt sich bloß, welches Ressort sie bekäme. Denn Außenkommissarin wird es nach Inkrafttreten des Vertrags von Lissabon keine mehr geben. Erweiterung und Nachbarschaftspolitik, die Barroso wahrscheinlich zusammenlegen wird, böten sich zwar an. Wegen der exponierten Haltung Österreichs gegenüber dem Beitritt der Türkei gilt der Job für den heimischen Vertreter in Brüssel aber als Tabu. Der neue Posten des Kulturkommissars wäre für Ferrero zwar eine schöne Spielwiese, allerdings weitgehend kompetenzfrei und nicht unbedingt ein "Zukunfts- oder Gestaltungsressort", das sich Außenminister Michael Spindelegger wünscht. Nicht völlig auszuschließen bleibt daher trotz aller Dementis Innenministerin Maria Fekter: Sie ist eine Frau und böte sich als neue Innen- und Migrationskommissarin an.