Für den neuen Bürgermeister gibt es eine Menge Herausforderungen.
Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 6 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.
Wien. Die To-do-Liste Michael Ludwigs ist lang. Wird er - so alles nach Plan läuft - am Donnerstag zum neuen Wiener Bürgermeister gekürt, so erbt er nicht nur einige stadtpolitische Großbaustellen. Er wird auch alle Hände voll damit zu tun haben, seine eigene Agenda und jene der SPÖ voranzutreiben. Ludwig wird wohl nicht darum herumkommen, einen Gegenentwurf zur schwarz-blauen Bundesregierung zu präsentieren.
Der neue Bürgermeister wird zeigen müssen, dass das rot-grüne Wien die bessere Alternative zu Schwarz-Blau ist. Hierbei nehmen Themen von Mindestsicherung über Immigration bis hin zu Gesundheit und leistbares Leben eine gewichtige Rolle ein. Allerdings spielt dabei unmittelbar ein anderes Thema mit hinein: die Finanzen. Viele der Baustellen, die auf Ludwig zukommen, kosten Geld, welches die Stadt eigentlich nicht hat. Wien kratzt 2018 bereits an der Sieben-Milliarden-Euro-Schulden-Marke. (Zum Vergleich: Paris hat eine Milliarde weniger Schulden.) Woher das Geld kommen wird und ob (über Lippenbekenntnisse hinaus) überhaupt geplant ist, den Schuldenberg abzutragen, wird eine der spannendsten Fragen.
Dass Finanzierungsfragen aber über Ludwigs Wahlerfolge entscheiden, bezweifelt Laurenz Ennser-Jedenastik, Politikwissenschafter am Institut für Staatswissenschaft an der Universität Wien: "Die Kritik der Opposition, dass die Stadt Wien nicht gut mit Geld umgeht, scheint keinen politischen Erfolg zu bringen." Zwar würden sich die Wähler über die Geldverschwendung ärgern, "am Wahltag schlägt dieser Ärger in der Wahlentscheidung aber nicht so durch", so Ennser-Jedenastik.
Im Friedhof der Stadträte
Eine Mammutaufgabe kommt auf Ludwigs Team vor allem im kostenintensiven Gesundheits- und Sozialbereich zu. Alleine das Sorgenkind der Stadt - der Wiener Krankenanstaltenverbund (KAV) - braucht intensive Betreuung. In dessen Zuständigkeit fällt etwa das Krankenhaus Nord, das aufgrund der gigantischen Kostenexplosion von sich reden macht.
Auch andere Probleme - Stichwort: Gangbetten, Wartezeiten in Spitälern - müssen bewältigt werden. Die Umsetzung des Spitalkonzepts 2030, das Standortschließungen und Schwerpunktkrankenhäuser vorsieht, wackelt. Und auch die Reform des KAV steht in den Startlöchern. Er soll als Anstalt öffentlichen Rechts künftig "Wien Kliniken" heißen und umorganisiert werden.
Bisher hat sich das Gesundheits- und Sozialressort als Friedhof der Stadträte erwiesen. Sonja Wehsely, die anfangs noch als mögliche Häupl-Nachfolgerin gehandelt wurde, kam aus den Negativschlagzeilen nicht heraus. Sie musste im Jänner 2017 ihren Hut nehmen. Ihre Nachfolgerin Sandra Frauenberger hielt sich knapp eineinhalb Jahre.
Ob es dem designierten Gesundheitsstadtrat Peter Hacker besser ergeht, bleibt abzuwarten. Ihm kommt in der Wiener Stadtregierung jedenfalls eine Schlüsselrolle zu. Denn nicht nur das Wiener Gesundheitswesen bietet Brisanz, auch Hackers zweites Aufgabengebiet - Soziales - geizt nicht mit Herausforderungen. So fällt etwa das Thema Mindestsicherung - bei dem sich Wien und die Bundesregierung auf Konfrontationskurs befinden - in die Zuständigkeit Hackers.
Mit dem Thema Soziales direkt verbunden ist Ludwigs bisheriges Ressort Wohnbau. Wien wird laut Prognosen innerhalb des nächsten Jahrzehnts wieder zwei Millionen Einwohner haben. Die Wohnpreise steigen seit Jahren stark an, während auf der anderen Seite der Bedarf an billigem Wohnraum so groß ist wie schon lange nicht mehr. Diese Schere muss Ludwig nach Möglichkeit schließen. Schwierig machen das unter anderen Meinungsverschiedenheiten mit der EU darüber, wer überhaupt Anspruch auf geförderte Wohnungen haben soll. Während die EU diese lediglich den Ärmsten zukommen lassen will, verweist Wien seit langem auf die Notwendigkeit einer weiteren Fassung, um so für eine gute soziale Durchmischung zu sorgen.
Gefährliche Bauten
Nicht zu vernachlässigen ist zudem der Bildungs- und Integrationsbereich, der insbesondere aufgrund des hohen Migrantenanteils in Wiener Schulen vor enormen Herausforderungen steht.
Gefahren für Ludwig bergen neben dem KH Nord auch andere Bauprojekte. Etwa der Lobautunnel, den die Wiener Grünen offiziell ablehnen, oder die Erweiterung des Wien-Museums, die als Großprojekt von Natur aus finanzielle Risiken in sich birgt. Auch der Heumarkt - wegen dem Wien den Status als Weltkulturerbe zu verlieren droht - wird mit der Tagung der Unesco Ende Juni wieder in den Vordergrund rücken.
Viele Wiener, die das von Planungsstadträtin und Vizebürgermeisterin Maria Vassilakou befürwortete Hochhausprojekt strikt ablehnen, werden sich von Ludwig in der Angelegenheit eine Art Offenbarungseid erwarten. Ebenso wie eine klare Regelung, wo in Wien künftig überhaupt Hochhäuser gebaut werden dürfen.
Eines wird sich bereits am Donnerstag zeigen: ob die Flügelkämpfe in der Partei ihr Ende gefunden haben. Die Opposition hat angekündigt, Ludwig im Gemeinderat nicht zu wählen. Er braucht daher die Stimmen der SPÖ und Grünen. Erhält er diese nicht, droht Ludwig ein Desaster.