Dass sich schlechte Luft in Innenräumen negativ auf Leistungsfähigkeit und Konzentration auswirkt, gehört wohl zu den bekanntesten Lebensweisheiten. Dennoch scheint das Thema Raumklima nach wie vor kaum jenen gesellschaftlichen Stellenwert einzunehmen, den es eigentlich verdient.
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Fast 90 Prozent seiner Lebenszeit verbringe der Mensch in Innenräumen, rechnete Helmut Hojesky von der Abteilung Klimaschutz des Lebensministeriums in seinem Vortrag zum "Kongress Gesunde Raumluft" vor. Trotzdem werde meist in Innenräumen weniger Wert auf die Luftqualität gelegt als im Freien. Feinstaub-, Stickoxid- oder Ozonbelastungen draußen würden eher wahrgenommen als Gesundheitsgefährdungen im Haus durch Baustoffe, Bodenbeläge, Polituren, Durchlauferhitzer oder auch angrenzende Gewerbe (Putzereien, Tischlereien etc.). Dass sogar beim Braten in der Pfanne gefährliche Schadstoffe entstehen können, sei ebenfalls kaum bewusst, ergänzt Michael Kundi vom Institut für Umwelthygiene. Letzteres ist allerdings kaum zu vermeiden.
Ein bedenklicher Trend sei die Neuentdeckung so genannter Alltagschemikalien für den allgemeinen Hausgebrauch. "Duftstoffe, Desinfektionsmittel und vor allem Flammschutzmittel werden wieder massiv eingesetzt", weiß Hojesky. Mögliche Auswirkungen auf die Gesundheit könne er vorerst nicht absehen, "weil es noch zu wenig Daten darüber gibt". Einmal mehr scheint also erst die Folgegeneration mögliche Belastungen auszumerzen zu haben (wie jüngst im Zuge der Asbest-Entfernung in der UNO-City, Anm.).
Schimmelgefahren erkennen
Das am weitesten verbreitete sichtbare Zeichen für schlechte Raumluft ist nach wie vor der Schimmel. Er bildet sich besonders gut bei Luftstaus oder im Kaltwarmbereich, also hinter Schränken oder in Fensternähe. Wiens Wohnbaustadtrat Werner Faymann rät deshalb dringend: "Ausreichend lüften, auch wenn's kalt ist!" Dies fällt aber gerade im kalten Winter vielen schwer. Trotzdem sollte das Fenster mehrmals am Tag zumindest kurz geöffnet werden, damit die Luft zirkulieren kann. Dass Schimmel tatsächlich ein ernstes Problem darstellt, erkennt Faymann an den zahlreichen Anfragen beim Wiener Mieterhilfetelefon zu diesem Thema.
Auf die leichte Schulter dürfe die Belastung durch Schimmel jedenfalls nicht genommen werden, warnt Kundi. "Alleine unsere Lunge bietet rund 100 Quadratmeter an potenzieller Aufnahmefläche für Schadstoffe." Seiner Meinung nach ist die Qualität der Innenraumluft ein maßgeblicher Faktor für die Gesundheit. Nach der Hebung der Lebensqualität durch bessere Ernährung, Arbeitsbedingungen, Freizeit, Bildung, Trinkwasser- und Umweltschutz sowie zahlreiche medizinische Errungenschaften gelte es nun, den Wohnbereich zu verbessern.
Broschüren sollen helfen
Das Lebensministerium und das Institut für Bauökologie (IBÖ) haben daher einen "Wegweiser für eine gesunde Raumluft" herausgebracht. Diese Broschüre ist beim Bürgerservice des BML (Tel: 0800/240 260) bzw. beim IBÖ (Tel: 01/319 20 05) erhältlich.
Auch von den "ÄrztInnen für eine gesunde Umwelt" wurde ein Informationsheft "Wohnen und Gesundheit" erstellt (Tel: 01/4277-64722). Ein Arbeitskreis mit deutschen Experten hat außerdem "Richtlinien zur Bewertung der Innenraumluft" als lose Blattsammlung für interessierte Fachleute erarbeitet (ebenfalls beim Bürgerservice erhältlich).
Dass sich ein verbessertes Raumklima auch wirtschaftlich auswirkt, zeigt ein Beispiel aus Finnland. Dort wurde errechnet, dass jährlich über 3 Millionen Euro durch eine Beeinträchtigung von Leistungsfähigkeit, Müdigkeit und ein schlechtes Arbeitsklima verloren gehen.