Geplante Übernahme der rot-weiß-roten Airline ist jetzt mehr denn je vom Scheitern bedroht. | Wettbewerbshüter: Lufthansa-Angebot ist "schlechter als das, was bisher auf dem Tisch lag". | AUA-Vorstände: Verkauf "bei gutem Willen nicht geplatzt". | Brüssel. Das ist wahrlich Dramatik pur: Seit Freitag liegen die Nerven endgültig blank. Erst deutete alles darauf hin, dass die Verhandlungen zwischen der Lufthansa und der EU-Kommission über die geplante Fusion mit der AUA endgültig auf Grund gelaufen sind.
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"Wenn nicht noch ein Wunder geschieht", sei eine Entscheidung vor Monatsende nicht mehr möglich, sagte Jonathan Todd, der Sprecher von EU-Wettbewerbskommissarin Neelie Kroes. Die Lufthansa habe der Kommission zwar fristgerecht zumindest einen informellen Vorschlag vorgelegt. "Dieser ist aber bedauerlicherweise schlechter als jener, der bereits auf dem Tisch liegt. Wir bewegen uns einen Schritt nach vorne und zwei zurück", skizzierte Todd den Verhandlungsverlauf.
EU-Ultimatum an Lufthansa
"Innerhalb von Stunden" müsse der deutsche Airline-Gigant konkrete Zugeständnisse machen, sagte Todd am Freitag zu Mittag. Sollte die Lufthansa an einer Entscheidung noch vor Monatsende interessiert sein, sei ihr jetziges Verhalten sehr schwierig zu verstehen. Am Nachmittag relativierte die Kommission dann die Frist immerhin auf Anfang kommender Woche - konkret Montag Früh. Nur nebenbei: Mit formellen Fristen hat das Prozedere inzwischen ohnehin nichts mehr zu tun.
Vor allem um mehr Zeit für weitere Verhandlungen zu gewinnen, hatte Kroes Anfang Juli eine sogenannte vertiefte Prüfung eingeleitet, die bis zu 90 Tagen dauern kann. Gleichzeitig ließen die Wettbewerbshüter jedoch durchklingen, dass nicht der 6. November, sondern ein Datum noch vor dem 31. Juli als Entscheidungstag angestrebt werde. Denn nach diesem Termin darf die Lufthansa laut Vertrag von ihrem befristeten Angebot für die Übernahme der schwer angeschlagenen AUA zurücktreten.
Dabei hat die EU-Wettbewerbsbehörde auf Basis ihrer ersten Marktanalyse offenbar vor allem nur noch zwei Wünsche: Der Lufthansa/AUA-Verbund müsste noch einige Slots (Start- und Landerechte) auf den für ihn rentablen und prestigeträchtigen Strecken Wien-Frankfurt und Wien-Genf abgeben. Damit will die EU sicherstellen, dass es auf diesen Strecken nicht zu einer allzu dominanten Marktposition kommt, die den Wettbewerb zu Lasten von Konkurrenten und Kunden unzulässig verzerren würde. Im parallel laufenden Verfahren um die Bewilligung der 500 Millionen Euro schweren Restrukturierungsbeihilfe der Republik Österreich wird ebenfalls noch um das Ausmaß der Gesundschrumpfung gerungen. Hier soll es sich um 15 bis 20 Prozent handeln.
"Stehen zu unserem Wort"
Sollte die Lufthansa nun auf stur schalten, würde die Maschinerie der vertieften Prüfung tatsächlich zu arbeiten beginnen. Umfangreiche Konsultationen müssten dann durchgeführt und Analysen ausgearbeitet werden, um ein noch detaillierteres Bild von der Marktlage zu bekommen. Auf dessen Basis würde dann erneut über die bisher unzureichenden Angebote der Lufthansa verhandelt - vermutlich irgendwann im Herbst. Doch das hätte aller Voraussicht nach wohl nur noch rein theoretischen Charakter.
Denn die Lufthansa steht auf dem Standpunkt, dass sie schon bei früheren Angeboten "ans maximal Mögliche" gegangen sei (siehe auch Artikel rechts unten). Die Aussagen von Kroes-Sprecher Todd wollten die Deutschen am Freitag vorerst nicht kommentieren. Nur soviel: "Wir stehen zu unserem Wort." Dieser Satz kann allerdings eben auch leicht in die Richtung interpretiert werden, dass der Deal nur dann klappt, wenn die EU-Freigaben für die Fusion und die Staatsbeihilfe noch vor dem 31. Juli erfolgen.
Es hagelt Durchhalteparolen
Dass der Deal scheitern könnte, davon wollen die österreichische Bundesregierung und der AUA-Vorstand nichts wissen - beide ergehen sich in Durchhalteparolen. "Man muss bis zur letzten Minute weiterverhandeln", sagte etwa Finanzstaatssekretär Reinhold Lopatka. "Wenn alle Beteiligten den Willen haben", könne der Deal immer noch funktionieren, erklärten auch die beiden AUA-Chefs Andreas Bierwirth und Peter Malanik.
Platzt der Verkauf an die Lufthansa, wäre die AUA in ihrer heutigen Form Geschichte. In den jetzigen Dimensionen ist die defizitäre österreichische Fluglinie, die erst kürzlich den Abbau von 1000 der insgesamt rund 7500 Stellen bekanntgegeben hat, allein nicht überlebensfähig. Sollte sich die Kranichlinie tatsächlich aus dem Staub abspringen, müsste das Management Plan B aus der Schublade holen. Eine Halbierung des Geschäftsvolumens gegenüber dem Niveau von vor einem Jahr wäre dann die schmerzliche Folge.