Zu seinem 58. Geburtstag konnte Lufthansa-Vorstandsvorsitzender Wolfgang Mayrhuber ausgiebig feiern: Der Aufsichtsrat verlängerte seinen Vertrag für weitere fünf Jahre, und der Dienstag war auch jener Tag, an dem der Lufthansa-Swiss-Deal im zweiten Anlauf besiegelt wurde. Damit nicht genug: In der gestrigen Bilanz-Pressekonferenz in Frankfurt gab der gebürtige Oberösterreicher einen Gewinn von 383 Mio. Euro bekannt.
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"Wir hatten uns für das vergangene Jahr viel vorgenommen, und das haben wir auch erreicht. Unsere Finanzbasis ist noch stärker geworden, die Kundenzufriedenheit ist hoch wie nie, und unser Fitnessprogramm läuft: Wir sind heute schlanker und leistungsfähiger", erklärte Mayrhuber, der seit zwei Jahren an der Spitze der deutschen Fluglinie steht und seit mehr als 30 Jahren bei der Lufthansa tätig ist. Das Unternehmen steigerte den operativen Gewinn um 347 auf 383 Mio. Euro.
Die Swiss soll es ihr nachtun: Von ihrem neuen Juniorpartner erwartet die Lufthansa bereits im kommenden Jahr schwarze Zahlen. "Ich spüre bei Swiss einen Grundkonsens zwischen Führung, Mitarbeitern und Gewerkschaften. Ich denke, dass auch noch die übrigen Baustellen geschlossen werden", meinte Mayrhuber. Einsparungen durch Synergieeffekte will die Lufthansa wieder ins Geschäft stecken: "Wir haben eine Wachstums- und keine Schrumpfungsvision", sagte Mayrhuber. Dass seit der gescheiterten Übernahme vor zwei Jahren die Swiss dabei "geschrumpft und schlanker geworden" ist, bedeutet ein "deutlich geringeres" Risiko für die Lufthansa.
Gemeinsam mitmischen im umkämpften Luftverkehr
"Keiner kann mehr allein", erklärte Mayrhuber. Beide Fluglinien stünden vor wichtigen Weichenstellungen, beispielsweise bei der Entwicklung ihrer Drehkreuze, der Allianzbildung, im Regionalverkehrs und ihrer Antwort auf die Herausforderungen durch Billigflieger. Mayrhuber: "Jetzt können wir unsere Kräfte bündeln. Bei längerem Zuwarten hätte die Gefahr des Auseinanderdriftens bestanden." Zusammen sollen neue Flugziele erschlossen werden, wobei Mayrhuber nicht konkret wurde: "Das Potenzial in Europa ist im Osten und im Südosten sicherlich am größten."
Mayrhuber: Vorteile für Airlines und Fluggäste
Die Lufthansa erhofft sich von der Swiss-Übernahme mehr Kunden, besonders im lukrativen Bereich der Geschäftsreisenden. Die Swiss erhalte im Gegenzug strategische und finanzielle Stabilität. Hauptnutznießer seien die Kunden, die von einem besseren Angebot profitieren würden. "Die Schweiz, Deutschland und Europa profitieren."
Probleme in den Verhandlungen mit anderen Ländern über die Verkehrs- und Flugrechte nach der Übernahme, die bis spätestens 2007 abgeschlossen sein soll, erwartet Mayrhuber nicht: Die Verhandlungen sollen von der Schweiz geführt werden.
Schweizer Tourismusbranche ist weniger begeistert
Dick Marty, Präsident von Schweiz Tourismus, hätte eine Annäherung an British Airways bevorzugt: Der Flughafen Zürich-Kloten als Drehkreuz wäre mit der OneWorld um die britische Airline sicherer als mit der StarAlliance um die Lufhansa, sagte Marty gestern der Nachrichtenagentur sda. Der Zürcher Flughafen sei von Konkurrenten wie München, Frankfurt oder Wien umgeben.
Positiv beurteilte Marty die Ankündigung der Lufthansa, sie wolle in die Langstrecken-Flüge der Swiss investieren. Für die Schweiz sei es entscheidend, direkte Verbindungen in die Welt zu haben.
Runder Geburtstag für die deutsche Fluglinie
Mit dem Feiern wird die Lufthansa so schnell nicht aufhören: Am 1. April feiert das Unternehmen seinen 50. Geburtstag. Ursprünglich hatte alles sehr bescheiden angefangen. Vor 50 Jahren starteten zwei Maschinen von München nach Hamburg und von Hamburg nach München. Damit hatte die nach dem Zweiten Weltkrieg neu gegründete Lufthansa den zivilen Linienluftverkehr wieder aufgenommen - jahrelang als Staatsunternehmen. 1997 wurde die Privatisierung abgeschlossen.
Gefeiert mit einem historischen Flug. Statt einer Propellermaschine wird ein Airbus A321 von Hamburg nach München fliegen, wo eine Feier mit Wirtschaftsminister Wolfgang Clement und dem bayerischen Ministerpräsidenten Edmund Stoiber stattfindet. Das wird der Auftakt - bei 90.000 Mitarbeitern sind weitere Feste vorgesehen.
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Pressestimmen
In Jubel und Euphorie verfalle niemand, stellt die "Berner Zeitung" fest. Die Lufthansa könne der Swiss eine Perspektive bieten, und dies sei mehr, als man noch vor kurzem habe erwarten können.
"Der Verkauf an die Lufthansa ist noch die einzige vernünftige Möglichkeit", schreibt der "Tages-Anzeiger". Das Ende der Schweizer Zivilluftfahrt hätten Manager und Verwaltungsräte zu verantworten, aber auch das Volk mit seinem Nein zum Europäischen Wirtschaftsraum, das die Rahmenbedingungen für die Zivilluftfahrt verschlechtert habe.
Doch über "verschüttete Milch zu jammern, hilft der Schweiz nicht weiter", schreibt die "Neue Zürcher Zeitung". Es sei gegebenenfalls Sache der Justiz, Fehlbare zur Rechenschaft zu ziehen. Kritisiert wird, dass die Schweiz keine politischen Zusagen für ein "Ende der Diskriminierung des Flughafen Zürichs" erreicht hat. Man werde man den politischen (Miss-)Erfolg des Bundesrates weniger am Verkaufspreis der Swiss als an den konkreten Verbesserungen für die Drehscheibe (Hub) Zürich messen.
Dass die Großaktionäre - inkl. Schweizer Bund - wohl weit weniger Geld zurückbekommen, als sie in den Swiss-Aufbau gesteckt hatten, ist für die "Aargauer Zeitung" nicht zu vermeiden gewesen. "Wer bei Verhandlungen mit dem Rücken zur Wand steht, kann nicht mehr erwarten."