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Luftschadstoffe hinderlich beim Schnüffeln

Von Alexandra Grass

Wissen

Bestäubende Insekten stoßen immer mehr auf Hürden. Studie zeigt bis zu 90 Prozent weniger Blütenbesuche.


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Luftschadstoffe in ländlichen Regionen und in der Stadt hindern Insekten beim Erschnüffeln zu bestäubender Pflanzen. Zu diesem Ergebnis kommen britische Forscher. Sie fanden heraus, dass bis zu 70 Prozent weniger Bestäuber und bis zu 90 Prozent weniger Blütenbesuche zu verzeichnen waren und die Bestäubung von Testpflanzen insgesamt um bis zu 31 Prozent zurückging, wenn gängige bodennahe Luftschadstoffe - einschließlich Dieselabgase und Ozon - vorhanden waren.

Die im Fachblatt "Environmental Pollution" veröffentlichte Studie ist die erste, in der eine negative Auswirkung dieser Schadstoffe auf die Bestäubung in der natürlichen Umgebung beobachtet wurden. Die Theorie besagt, dass diese Stoffe mit den Düften der Blumen reagieren und diese verändern, sodass sie schwieriger aufzufinden sind.

"Wir wussten aus früheren Laborstudien, dass Dieselabgase negative Auswirkungen auf die Insekten haben können, aber die Auswirkungen, die wir auf dem Feld gefunden haben, waren viel dramatischer, als wir erwartet hatten", betont Robbie Girling von der University of Reading in der Studie.

Die Ergebnisse seien besorgniserregend, denn diese Schadstoffe sind in der Luft enthalten, die viele von uns täglich einatmen, ergänzt Forschungskollege James Ryalls. "Wir wissen, dass sie schlecht für unsere Gesundheit sind, und der deutliche Rückgang der Bestäuberzahlen und -aktivitäten, den wir festgestellt haben, zeigt, dass es auch klare Auswirkungen auf die natürlichen Ökosysteme gibt, auf die wir angewiesen sind." Frühere Laborstudien hätten auch schon ergeben, dass Dieselabgase den Blumenduft verändern können. Diese Arbeiten deuten allesamt darauf hin, dass die Umweltverschmutzung zu dem anhaltenden Rückgang der bestäubenden Insekten beitragen könnte, da es für sie schwieriger wird, ihre Nahrung - Pollen und Nektar - zu finden.

Abgase verändern Duft

In der aktuellen Studie wurde eine speziell angefertigte Begasungsanlage verwendet, um den Gehalt an Stickstoffoxiden, die in Dieselabgasen enthalten sind, und Ozon in einer offenen Feldumgebung zu regulieren. Anschließend beobachteten die Forscher die Auswirkungen dieser Schadstoffe auf die Bestäubung schwarzer Senfpflanzen durch frei fliegende, lokal vorkommende Bestäuberinsekten im Laufe von zwei Sommern.

Dabei wurden Schadstoffkonzentrationen verwendet, die weit unter den durchschnittlichen Höchstwerten lagen - das entspricht 40 bis 50 Prozent der Grenzwerte, die derzeit in den USA gesetzlich als sicher für die Umwelt definiert sind. Dies verblasst im Vergleich zu den weitaus höheren Verschmutzungswerten, die weltweit aufgrund von Verstößen gegen die Vorschriften auftreten.

Weitreichende Auswirkungen

Die Beobachtungen ergaben, dass die Pflanzen, die sich in verschmutzter Luft befanden, von 62 bis 70 Prozent weniger Bestäubern besucht wurden. Dieser Rückgang wurde bei sieben Insektengruppen festgestellt, insbesondere bei Bienen, Nachtfaltern, Schwebfliegen und Schmetterlingen. Diese besuchten auch 83 bis 90 Prozent weniger Blüten, was letztlich zu einem Rückgang der Bestäubung um 14 bis 31 Prozent führte. Dies wirkte sich auf den Samenertrag und andere Faktoren aus.

Die Ergebnisse der Arbeit könnten weitreichende Auswirkungen haben, da die Bestäubung durch Insekten auch einen hohen Wirtschaftswert darstellt. Sie trägt zu etwa acht Prozent des Gesamtwerts der weltweiten landwirtschaftlichen Lebensmittelproduktion bei, und 70 Prozent aller Kulturpflanzen, darunter Äpfel, Erdbeeren und Kakao, sind davon abhängig.

"Diese wirklich interdisziplinäre Arbeit zeigt sehr deutlich, wie sich Luftschadstoffe negativ auf die Bestäubung auswirken, was direkte Folgen für die Nahrungsmittelproduktion und die Widerstandsfähigkeit unserer natürlichen Umwelt hat", betont der Atmosphärenwissenschafter Christian Pfrang von der University of Birmingham.