Die Lufthansa will Air France vom Thron stoßen. | AUA-Konzern braucht starken Vertriebsarm. | Zwölf Airlines sollen an der flügellahmen AUA interessiert sein. Offiziell geoutet haben sich bisher aber nur fünf: Europas größte Carrier Lufthansa und Air France sowie die Exoten Air China, Turkish Airlines und S7 (aus Sibirien).
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Dass auch der Flugriese British Airways und die russische Aeroflot im Pulk der Kaufinteressenten sind, wurde zumindest medial kolportiert. Die übrigen potenziellen Bieter sind nicht bekannt.
Heftiger Preispoker in Sicht
Im Moment ist bei der Privatisierung der AUA die erste Bieterrunde im Gang. Bis 12. September können bei der staatlichen Hauptaktionärin ÖIAG - sie hält 42,75 Prozent der Anteile - unverbindliche Angebote eingereicht werden. Diese Offerte müssen auch strategische Konzepte beinhalten, die nicht nur der AUA, sondern auch dem Flughafen Wien, ihrem Hub, Zukunftsperspektiven bieten.
Mitte September wird es dann jedenfalls spannend. Da wird der Kreis der möglichen AUA-Partner enger gezogen und von der ÖIAG in Form einer sogenannten Shortlist eine Vorauswahl getroffen.
Was bereits jetzt feststeht: Lufthansa und Air France gehen als Fixstarter in die im Anschluss daran beginnende zweite Bieterrunde, in der verbindliche Angebote auf den Tisch müssen. Absehbar ist dabei ein heftiger Preispoker, in den sich allenfalls auch British Airways einklinken könnte.
Für Lufthansa und Air France geht es beim Ringen um die AUA um die Vorherrschaft in Europas Luftfahrtbranche. Im Kampf um Marktanteile ist ihr Interesse daher rein strategisch. Mit der AUA, die weltweit immerhin 130 Destinationen anfliegt, könnte die Lufthansa Air France als Branchen-Primus in Europa ablösen. Kommen jedoch die Franzosen zum Zug, würde sich der Abstand zu ihnen vergrößern.
Die Lufthansa will deshalb mit allen Mitteln verhindern, dass Air France ihre führende Marktposition ausbauen kann - noch dazu mit dem vielversprechenden Osteuropa-Netz der AUA, mit dem der französische Erzrivale eine klaffende Lücke in seinem Flugprogramm schließen könnte.
Der einzige Grund, warum der deutsche Kranich für die AUA in den Ring steigt, ist der, Air France keinesfalls das Feld zu überlassen. Denn über das globale Flugbündnis Star Alliance, an dessen Spitze die Lufthansa fliegt, gibt es mit der AUA bereits eine enge Zusammenarbeit im Flugbetrieb. Dazu kommt, dass die hohen Schulden der AUA von knapp 900 Mio. Euro - ein Teil davon sind Altlasten der 2001 übernommenen Lauda Air - einen Einstieg auf den ersten Blick nicht unbedingt attraktiv erscheinen lassen.
Charme hätte für die AUA sowohl eine Fusion mit der Lufthansa als auch eine mit Air France. Beide haben einen viel stärkeren Vertriebsarm als etwa Air China, Turkish Airlines und S7. Kann die AUA an ein großes System andocken, ist sie imstande, ihr Sorgenkind, die stark defizitäre Langstrecke, wieder aufzupäppeln. Damit könnte sie ihre Kurz- und Mittelstrecken ab Wien weit besser mit Transferpassagieren speisen. Laut AUA wäre das ein zentraler Punkt bei der Sanierung.
Wer hat die besten Karten?
Die Lufthansa wird vor allem versuchen, über den Preis bei der Austrian zu landen. Sie soll bereit sein, bis zu acht Euro pro Aktie zu bieten. Air France hat da wohl die schlechteren Karten. Die Franzosen, die das SkyTeam anführen, müssten auch einen Allianzwechsel der AUA finanziell tragen. Ein solcher kostet bis zu 150 Mio. Euro und könnte ihnen im Bieterwettstreit mit der Lufthansa ökonomische Grenzen setzen. Zudem müssten bei der AUA für voraussichtlich zwei Jahre Verluste in Kauf genommen werden, weil bei ihr mit dem Allianzwechsel Passagiere wegfallen würden.