Zum Hauptinhalt springen

Lust und Frust

Von István Orbán

Kommentare

Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 23 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.

Am von EU und Europarat ausgerufenen "Europäischen Jahr der Sprachen 2001" beteiligt sich der ORF mit einer Schwerpunktwoche unter dem Motto "Lust auf Sprachen machen". Erste Sendung zum Thema für mich als Wochenend-Rezensenten war das "Modern Times Spezial" in ORF 2 am Freitagabend. Titel: "So alt wie das Wort", Inhalt: Das Stottern. - Eine eher bizarre Auffassung von Lust auf Sprache machen. Den Trost spendeten Gedichten von und mit Erich Fried (aus einer Lesung 1984) in "Nachtbilder" in Ö1 zum Trotz, mir war die Lust auf das ORF-Angebot zunächst einmal vergangen. Nicht aber auf Sprach-Lust. Und so betätigte ich mich am Samstagnachmittag bei einem Seminar für literarisches Übersetzen im Collegium Hungaricum, den Abend verbrachte ich mit Jazz und Gespräch im Freundeskreis.

Die medien-abstinente Aktivität war heilsam. Am Sonntag wagte ich mich wieder ans Radio (das Fernsehen allerdings mied ich), zumal auf Ö1 doch einigermaßen Verlass ist. Und es lohnte sich: "Ein L reist durch die Stadt", hieß es in den "Tonspuren" am frühen Abend. Wir begaben uns mit sachkundiger Hilfe von Wissenschaftlern, Phonetikern, Literaten, Sängern und vor allem den täglichen Anwendern dieses sehr wienerischen Lautes auf die Suche nach dem Urquell des sagenhaften "MeidLinger eL". Wir fanden ihn zwar nicht, umso mehr teils sehr vergnügliche Vermutungen - von Ottakring, Floridsdorf und Jedlesee über Bayrisch, Tschechisch und Portugiesisch bis zu den Kelten oder vielleicht Illyrern.

Um in Jargon und bei der Akustik zu bleiben: Die Sendung war "echt leiwand"!