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Die Regierung hat gut daran getan, die Gesetzesnovelle zum Lehrerdienstrecht in die Begutachtung zu schicken. Das ist zwar noch lange kein Gesetz, aber ein Signal an die Personalvertretung der AHS-Lehrer, das störrische "Nein" zu überdenken. Es ist auch das richtige Signal in den ÖGB hinein. Denn Teile der Gewerkschaft Öffentlicher Dienst haben beim Thema gewerkschaftliche Solidarität irgendwas falsch verstanden.
24 statt 22 Stunden zu unterrichten heißt nicht automatisch Gehaltskürzung. Und was wird sich wohl ein Funktionär der Metallergewerkschaft oder der GPA denken, wenn er die Argumente der AHS-Lehrervertretung hört? Dass deren Vertreter und die ÖGB-Spitze schweigen, ist schon das Maximum an Solidarität. Denn jene Arbeitnehmer-Vertretungen, deren Mitglieder im Wettbewerb stehen, können sich solche Diskussionen nur wünschen. Was mögen sich beispielsweise die Dayli-Beschäftigten denken?
Die Lehrergewerkschaft sollte Solidarität nicht nur einfordern, sondern sie auch geben. Im Vergleich zum ungeschützten Sektor, in dem die Löhne beständig unter Druck stehen und derzeit die Arbeitslosigkeit steigt, geht es im geschützten Bereich um Luxusprobleme.
Zur Solidarität gehört auch die gerechte "Verteilung" von schrumpfenden Ressourcen. Zuwächse zu verteilen ist vergleichsweise einfach.
Abgesehen von der Tatsache, dass viele Lehrer ihr Engagement zu ernst nehmen, um sich von dieser Gewerkschaft noch vertreten zu fühlen, geht es bei der Debatte kaum um die Kinder und Jugendlichen.
Auch das sollten sich jene Funktionäre, die so gerne "Nein" sagen, überlegen. Die Gewerkschaften waren und sind von ihrem Selbstverständnis auch Bildungs-Einrichtungen. Dass in der gesamten Debatte um das Dienstrecht die Bildungsreform beziehungsweise deren Notwendigkeiten keine Rolle spielten, ist erst recht unsolidarisch.
Mag sein, dass die Begutachtung des Gesetzesentwurfs - wie von der Opposition kritisiert - der Regierung dient, das Thema bis zum Wahltermin auf Eis zu legen. Die Gewerkschaftsvertreter könnten dem zuvorkommen, indem sie nicht nur dem Vorschlag zustimmen, sondern selbst Ideen entwickeln, wie das Schulsystem künftig politischen Einflüssen entzogen werden kann. Um allen Kindern und Jugendlichen - abseits von Herkunft, Stand und Religion - die gleichen Chancen zu bieten. Das wäre Solidarität.