Gefühl von Unruhe und Unsicherheit bei Nicht-Führungskräften steht Gefühl der Kontrolle bei Vorgesetzten gegenüber.
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Washington. Chef sein macht stressresistent. Entgegen der weitverbreiteten Ansicht, dass Vorgesetzte höherem Druck ausgesetzt sind und damit mehr Stress verspüren als ihre Mitarbeiter, ist offenbar das Gegenteil der Fall: Wie eine Studie an der US-amerikanischen Akademie der Wissenschaften belegt, weisen Führungskräfte eine deutlich geringere Menge des Stresshormons Cortisol auf als einfache Angestellte. Als Grund dafür werden Gefühle wie Unruhe und Unsicherheit sowie ein Mangel an Einflussmöglichkeiten konstatiert - das alles sei nämlich in erster Linie Teil der Arbeit einfacher Mitarbeiter.
In Erhebungen stellten die US-Forscher rund um Jennifer Lerner und ein Team aus Mitarbeitern der Harvard-Universität 148 Entscheidungsträger aus Wirtschaft, Verwaltung und Militär 65 Nicht-Führungskräften gegenüber. Und fanden dabei heraus, dass die Menge des Stresshormons Cortisol und die Meldungen über Beklemmungsgefühle abnehmen, je höher die Probanten in der Hierarchie der jeweiligen Organisation stehen.
Macht lindert Stressempfinden
Laut Wissenschaftlern stehe das in Zusammenhang mit dem bei Führungskräften stärker ausgeprägten Gefühl, das Geschehen rund um die eigene Arbeit unter Kontrolle zu haben - "ein psychologischer Faktor, der erwiesenermaßen stresslindernde Effekte hat".
Dass diese Diskrepanz auch in der Gegenüberstellung von einfachen Chefs und höherrangigen Vorgesetzten zu beobachten ist, wiesen die Forscher in einer weiteren Erhebung nach: Je mehr Verantwortung und Macht Führungspersonen innehaben, desto seltener sind Beklemmungsgefühle und desto geringer die Cortisol-Konzentration.
Aus ihren Studien ziehen die Forscher eine eindeutige Schlussfolgerung: die Höhe des Führungsgrades steht in indirekt proportionalem Zusammenhang mit dem Empfinden von Stress.