Das Thema Staatshaftung sorgt für Streit unter den Höchstrichtern. In zwei neuen Erkenntnissen erklärt sich der Verfassungsgerichtshof (VfGH) dafür zuständig, über derartige Schadenersatzansprüche gegen andere Höchstgerichte zu entscheiden. Bei der heutigen Herbsttagung der Österreichischen Juristenkommission (ÖJK) stehen hitzige Diskussionen bevor.
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Fällt ein staatliches Organ (das kann der Gesetzgeber, ein Gericht oder eine Verwaltungsbehörde sein) eine Entscheidung, die dem EU-Recht "offenkundig" widerspricht, steht dem Verletzten - so die Judikatur des Europäischen Gerichtshofs - ein Staatshaftungsanspruch zu. Wer über diesen Staatshaftungsanspruch zu entscheiden hat, ist gesetzlich nicht geregelt. Während nun die Richter des Obersten Gerichtshofs (OGH) - analog zur Amtshaftung (dem innerstaatlichen Gegenstück zur Staatshaftung) - ordentlichen Gerichte, in letzter Instanz den OGH zuständig wissen wollen, stützt sich der VfGH in seinen Erkenntnissen auf eine Ausnahmebestimmung in der Verfassung: Den Art. 137 B-VG. "Dieser besagt, dass der VfGH über vermögensrechtliche Ansprüche an Gebietskörperschaften entscheidet, die weder im ordentlichen Rechtsweg auszutragen noch durch eine Verwaltungsbehörde zu erledigen sind," erklärt Gerhart Holzinger, ÖJK-Präsident und VfGH-Mitglied. Dass sich der VfGH in einzelnen Fragen über die anderen Gerichte setzt, sei nichts völlig Neues, meint Holzinger zur "Wiener Zeitung": "Kompetenzstreitigkeiten zwischen Gerichten wurden schon bisher vom VfGH entschieden."