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Mit der Justiz ist es wie mit Schiedsrichtern: Am besten funktionieren beide, wenn keiner über sie redet. Am Donnerstag nun drängte die Justiz auf die ganz große Bühne: In einem bisher einmaligen Akt hat die Korruptionsstaatsanwaltschaft Justiz-Generalsekretär Christian Pilnacek sowie Vertreter der Oberstaatsanwaltschaft Wien wegen des Verdachts auf Amtsbissbrauch angezeigt. Der Vorwurf: Abwürgen des Eurofighter-Verfahrens.
Das ist starker Tobak. Auf dem Spiel steht das Grundvertrauen in die Justiz; in ihre Fähigkeit, auch komplexe Strafverfahren mit internationaler Dimension abzuarbeiten; in ihren Willen, Recht zu sprechen, selbst wenn höchste Stellen betroffen sind. Das ist nie selbstverständlich, war es nie, wird es nie sein.
Die Causa Eurofighter begleitet die Justiz praktisch seit dem Beschluss zur Anschaffung 2002. Seitdem gab es eine unübersehbare Fülle an Vorwürfen, Anzeigen und Beschuldigten, bei denen es im Wesentlichen um Korruption, Untreue, Parteienfinanzierung, Betrug und Amtsmissbrauch ging. Dass bis heute noch nicht einmal eine Entscheidung über eine Anklage getroffen wurde, ist für alle höchst unbefriedigend.
Nach so vielen Jahren der Ermittlungen kann man schwer von einem Abwürgen sprechen, wie es Pilnacek nun vorgeworfen wird. Vor allem aber wirft die jüngste Entwicklung kein gutes Licht auf die Justiz selbst. Diese darf sich nicht für politische Spiele einspannen lassen, schon gar nicht darf sie solche Spiele spielen. Dass die Justiz in der Causa Eurofighter nicht reibungslos funktioniert hat, ist offensichtlich. Entscheidend ist: Warum?
Bei der Frage nach der Verantwortung landet man in Österreich schnell beim ewigen Kampf ums Weisungsrecht. Daraus ist längst ein Glaubenskampf geworden: Noch jede politische Führung der Justiz, gleich welcher Partei, hat sich für die Beibehaltung entschieden, während Staatsanwälte und Richter massiv auf eine Abschaffung drängen.
In dieser Hinsicht hatte die Korruptionsstaatsanwaltschaft mit Pilnacek noch eine Rechnung offen: Die politisch hochsensible Razzia beim Bundesamt für Verfassungsschutz erfolgte ohne Information der vorgesetzten Stellen und unter dubioser Verdachtslage aus dem Innenministerium. Als Konsequenz wurde die Berichtspflicht der Korruptionsstaatsanwaltschaft an die Ministeriumsleitung verstärkt. Pilnacek galt als treibende Kraft hinter diesem Vorhaben. Die jetzige Anzeige liest sich wie eine Retourkutsche.
Der große Vorteil einer Weisungskette ist die Sicherstellung von Verantwortung. An deren Ende steht Justizminister Josef Moser. Er ist jetzt gefordert, alle Zweifel an seinem Haus schnellstmöglich auszuräumen.