EU-Parlament will Kandidaten für Kommissionspräsidenten bestimmen.
Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 11 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.
Brüssel/Straßburg. Es ist ein Schlagwort, das künftig mit mehr Leben erfüllt werden soll. Demokratischer soll die EU werden; die Entscheidungsprozesse darin müssten nachvollziehbar und legitim sein. Das Europäische Parlament pocht auf mehr Einbindung - was ihm teils durch den Lissabonner Vertrag gewährt wird.
Auch möchten die Abgeordneten ein gewichtigeres Wort bei der Bestimmung des nächsten Kommissionspräsidenten haben. Doch nicht nur das Parlament spricht sich dafür aus. Die Kommission selbst würde dies ebenfalls begrüßen. Ihre Empfehlung dafür gaben nun Justizkommissarin Viviane Reding sowie ihr für interinstitutionelle Beziehungen und Verwaltung zuständiger Kollege Maros Sefcovic ab. In Straßburg, wo derzeit die EU-Mandatare ihre Plenarsitzung abhalten, schlugen sie vor, dass die Parteien bei den Europawahlen im kommenden Jahr einen Spitzenkandidaten nominieren, der gleichzeitig der Bewerber um das Amt des Kommissionspräsidenten wäre.
Diese Idee lancieren die größten Fraktionen im EU-Abgeordnetenhaus bereits seit einiger Zeit - auch wenn der ÖVP-Parlamentarier Othmar Karas etwa gegenüber einer Direktwahl des Präsidenten skeptisch ist. Der Vizepräsident des Parlaments unterstützt aber den Spitzenkandidaten-Vorschlag.
Wen jedoch die Konservativen, die derzeit die meisten Mandatare stellen, in dieser Funktion in den Wahlkampf schicken werden, ist offiziell noch nicht bestätigt. Im Gespräch war schon Reding selbst, die seit Jahrzehnten in den EU-Institutionen tätig ist. Auch vom polnischen Premier Donald Tusk ist immer wieder die Rede.
Weniger bedeckt halten sich die Sozialdemokraten. Spitzenkandidat wird wohl der Deutsche Martin Schulz werden, der Präsident des EU-Parlaments. Von anderen potenziellen Bewerbern ist gar nichts zu hören.
Eine zusätzliche Hürde gibt es aber noch zu überwinden: Der Wahlidee müssen die Mitgliedstaaten zustimmen. Und ob sie sich die Möglichkeit nehmen lassen wollen, den Kommissionspräsidenten - wie bisher - selbst zu bestimmen, ist noch offen. Mit einer Ablehnung würden sie jedoch an Glaubwürdigkeit verlieren, findet der Fraktionsvorsitzende der Sozialdemokraten, Hannes Swoboda: Denn dann würden die Länder jene Demokratie nicht wollen, von der sie immer reden.