Der Moment der Wahrheit für Unaxis rückt näher. Kommenden Dienstag entscheidet die Aktionärsversammlung in Luzern, wer beim angeschlagenen Schweizer Technologiekonzern künftig das Sagen hat. Im Zentrum des Machtkampfes stehen die Gründerfamilie Anda-Bührle mit ihrer Familienstiftung IHAG sowie quasi als "Eindringlinge" die beiden österreichischen Investoren Mirko Kovats und Ronny Pecik mit ihrer Beteiligungsgesellschaft Victory.
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Mirko Kovats, einer der bekanntesten österreichischen Industriellen, hat bisher rund 400 Mio. Euro in die Hand genommen, um bei der Schweizer Firma Unaxis einzusteigen und das Unternehmen auf Erfolgskurs zu bringen. Das Unaxis-Aktienpaket wird von der heimischen Victory-Holding gehalten, in die Kovats und sein Partner Ronny Pecik wie berichtet jüngst den Wiener Millennium-Turm-Bauer Georg Stumpf und den US-Investor Guy Wyser-Pratte mit hineingenommen haben.
Altaktionäre und Manager auf Konfrontation mit Kovats
Mit seinem Engagement hat Kovats sich bisher jedoch nur Feindschaft eingehandelt. Sowohl Altaktionäre, nämlich die Familie Bührle, als auch das Unaxis-Management, sind voll auf Konfrontation mit Kovats gegangen und versuchen, ihn von der Firma fern zu halten. Ob dieser Schulterschluss erfolgreich sein wird, bleibt allerdings noch abzuwarten. Die Kovats-Gruppe will sich ihrerseits wehren - selbst wenn sie auf der kommenden Generalversammlung am 26. April unterliegen sollte.
Ein erster Teilerfolg ist den Schweizern allerdings bereits gelungen, denn der Versuch der Kovats-Gruppe zwei Verwaltungsräte - Kovats selbst und seinen Vertrauten, der Steuerberater Günther Robol - von der am 26. April stattfinden Generalversammlung wählen zu lassen, wurde abgeschmettert. Der designierte Unaxis-Verwaltungsratspräsident Markus Rauh hat im Gegenzug den Schweizer Saurer-Chef Heinrich Fischer (55) und Daimler Chrysler-Vorstand Andreas Reuschler (47) nominiert, die das Gremium von sechs auf acht aufstocken sollen.
Kovats-Gruppe hält bereits 34,04% der Aktien
Diese Niederlage ist umso bitterer, weil die Kovats-Gruppe in den letzten Tagen ihr Unaxispaket auf bereits über 34% aufgestockt hat - exakt 34,04% wurden am Freitag der Schweizer Börse gemeldet. Darunter sind allerdings gut 12% Optionen.
Das Problem dabei: Für die Eintragung von Aktienstimmrechten hat es den frühen Termin 5. April gegeben - und bis zu diesem Zeitpunkt wurden nur Aktien im Ausmaß von 16,4% eingetragen. Kovats versucht zwar nachträglich noch Aktien eintragen zu lassen, was aber von Unaxis abgelehnt wird. Der österreichische Industrielle verweist auf Rechtsgutachten, die Eintragungen noch einen Tag vor der Generalversammlung - also noch am kommenen Montag - für möglich erklären, bei Unaxis lehnt man dies jedoch ab. Dieser Rechtsstreit wird kurzfristig wohl nicht zu klären sein.
Das Problem entstand vor einigen Wochen. Kovats hatte bis zum 5. April rund 20% an Unaxis-Aktien erworben, es gab jedoch mit der Übertragung Schwierigkeiten, sodass nur die oben genannten 16,4% im Aktienbuch aufscheinen. Das schien damals aber nicht so wichtig, weil man in intensiven Gesprächen mit den Altaktionären - die IHAG-Familienstiftung der seit Jahrzehnten schon der Vorgängerfirma Oerlikon-Bührle verbundenen Familie Anda-Bührle, die rund 21% der Aktien hält - hinsichtlich eines gemeinsamen Vorgehens einig war. Die künftige Marschrichtung schien geklärt, auch das Angebot, Bührle-Aktien zum einem Preis von rund 200 Franken zu erwerben, schien auf Gegenliebe zu stoßen. Dann machte die Familie Bührle allerdings eine Kehrtwendung. "Wir wurden auf einmal als Eindringling angesehen und nun sprechen wir nicht mehr miteinander", erklärte Kovats-Sprecher Felice de Grandi.
"Grandfather-Rule" soll zur Anwendung kommen
Die Bührle-Gruppe hat sich nun mit dem Management verbündet und versucht zu verhindern, was zu verhindern geht. Dazu zählt etwa das Kippen der in den Unaxis Statuten festgehaltenen Bestimmung, dass auch ein Aktienpaket von 33,3% und mehr kein Übernahmeangebot auslöst - was normalerweise bei Schweizer börsenotierten Firmen vorgesehen ist. Da davon auszugehen ist, dass dieser "Freibrief" in Zukunft nicht mehr gelten wird, versucht die Kovats-Gruppe noch vor der Generalversammlung ihren Anteil auf gemeldete 33,3% aufzustocken und somit mittels der sogenannten "Grandfather-Rule" der Notwendigkeit eines Übernahmeangebotes zu entgehen.
Des weiteren ist geplant, den Altaktionären durch eine Herabsetzung des Aktiennominales von 20 auf 6 Franken eine Barzahlung von 14 Franken zugute kommen zu lassen. "Das ist zwar unternehmenspolitisch nicht besonders sinnvoll, aber wir werden das Geld nehmen", meint der Sprecher.
Bei der kommenden Generalversammlung wird es somit 21:16 stehen, was die Anteile betrifft. Eine Reihe von Schweizer Banken hat zwar größere Unaxis-Positionen im Portefeuille, sie haben aber angedeutet, nicht mitstimmen zu wollen. Wie weit der sonstige Streubesitz für eine der beiden Gruppen Partei ergreifen wird, scheint noch offen zu sein.
In den Schweizer Medien wurde Kovats bisher eher als Spekulant dargestellt, allerdings hat es auch hier einen Stimmungsumschwung gegeben. Man wirft der Bührle-Gruppe nun vor, sich nicht nur in der Öffentlichkeit weitgehend jeder Stellungnahme enthalten zu haben, sondern kritisiert auch, dass die bisher bestimmende Bührle-Familie industriepolitisch bei Unaxis einen Scherbenhaufen hinterlassen zu hat: 2004 wurde ein Jahresverlust von 378 Mio. Franken verbucht, auch im ersten Quartal 2005 sanken Umsatz und Auftragseingang beträchtlich. Das könnte nun durchaus für Kovats sprechen, der im Rahmen seines A-Tech-Konzerns bewiesen hat, mit der Übernahme konkursgefährdeter Firmen in kürzester Zeit wieder in die schwarzen Zahlen kommen zu können.
Ruf nach baldiger ao. Hauptversammlung
Die Kovats-Gruppe ist jedenfalls wild entschlossen, sich von Unaxis nicht fern halten zu lassen. Sollte es bei den Schweizer Kontrahenten nicht noch ein überraschendes Einlenken geben, dann wird man sich zwar bei der Generalversammlung nicht durchsetzen können, aber sofort den Antrag auf eine ao. weitere Generalversammlung stellen, bei der man dann mit einem ausreichend großen Aktienpaket die Gruppe Bührle aushebeln kann.