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Wenn die Politik wenig Einfluss nehmen kann, setzt sie Signale.
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Der Fall Tina im Jänner 2021 war die erste große Belastungsprobe der türkis-grünen Bundesregierung. Die Berichte vom Ende dieser Koalition waren wohl auch damals stark übertrieben, aber die Abschiebung der Jugendlichen war für einige Grüne ein bitteres Treffen mit der Realität des Regierens.
Auch Mächtige können machtlos sein - und dennoch für alles verantwortlich gemacht werden.
So war es damals für die Grünen, denen nicht viel anderes übrig blieb, als mit der Installierung einer Kindeswohlkommission ein Zeichen zu setzen. Vor einem Monat hat die Vorsitzende, Irmgard Griss, kritisiert, dass viele Empfehlungen noch nicht umgesetzt worden seien. War die Kommission gar nur ein Signal?
Der Anlassfall selbst war auch nicht viel mehr. Die Abschiebung eines Teenagers nach Georgien war zwar von der ÖVP und dem damaligen Innenminister Karl Nehammer als alternativlos dargestellt worden, das Gegenteil ist aber richtig. Im März hatte das Bundesverwaltungsgericht erkannt, dass die Abschiebung rechtswidrig war, der Verwaltungsgerichtshof wies nun eine Revision dagegen ab. Die ÖVP ergeht es in Fragen der nicht regulierten Zuwanderung wie den Grünen im Fall Tina: Sie ist weitgehend machtlos.
Dass die türkise ÖVP Migration aus dem arabischen und nordafrikanischen Raum verhindern will, kann man ihr schon glauben. Sie hat aber wenig Einfluss darauf. Einmal steht EU-Recht dagegen, ein anderes Mal die Flüchtlingskonvention. Und Österreich ist auch abhängig davon, was Viktor Orban so einfällt. In Ungarn bleibt kein Flüchtling freiwillig, als Durchzugsland hat es aber Relevanz. Orban weiß das.
Deshalb kann die ÖVP auch nur Signale setzen. Was sie zuletzt forderte, etwa Asylzentren irgendwo im Ausland, geht rechtlich nicht. Und dass man Abschiebungen forcieren werde, wie Innenminister Gerhard Karner ankündigte? Der Fall Tina hat die Grenzen solcher Aussagen aufgezeigt.
Und auch wenn sich Karner öffentlich über Asylanträge aus "Urlaubsländern" beschwert, weiß er, dass Österreich Anträge aus Marokko oder Indien ebenso prüfen muss. Dagegen ist die ÖVP und ist Karner machtlos.
Die Aktion scharf gegen Schlepper war dagegen erfolgreich, das muss man dem Innenministerium zugestehen. Die Zahl der (aufgegriffenen) geschleppten Personen hat sich fast vervierfacht. Allerdings wollte man ja weniger Asylanträge. Wer illegal einreist und erwischt wird, muss nun nicht mehr sofort Asyl beantragen. Da bisher ohnehin jeder Zweite der Aufgegriffenen in ein anderes Land weiterzog, setzt der Innenminister nun ein Zeichen: Wer nicht hier bleiben will, muss auch nicht. In diesem Fall weicht die harte Rhetorik dem Pragmatismus.