Klagen mit geringer Erfolgsaussicht. | Großer Spielraum für Meinungsfreiheit. | Wien.Unternehmen haben es mehr als schwer, in den Medien gut wegzukommen. Das war der einhellige Tenor eines medienrechtlichen Symposiums an der Wirtschaftsuniversität (WU) Wien. Vor allem Boulevard-Medien scheinen auf dem Standpunkt zu stehen: Negativ-Schlagzeilen verkaufen sich nun einmal besser. Das zeigt sich besonders bei Berichten über Infrastrukturprojekte. "Diejenigen, die Infrastrukturprojekte schaffen, sind von Anfang an die Verlierer", behauptete der Rechtsanwalt und Medienexperte Gottfried Korn bei der Veranstaltung. Im Unterschied zu Stakeholdern interessieren den Durchschnittsleser viel eher die Skandale und möglichen Umweltschäden, die etwa bei einem Tunnelbau passieren können, als der wirtschaftliche Nutzen. Viele Medien richten sich auch danach, polemisieren und skandalisieren und verzichten dabei auf Objektivität.
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Die Unternehmen, die dabei in ein schiefes Licht geraten, haben kaum Chancen, rechtlich gegen eine solche Berichterstattung vorzugehen. "Es gibt keine rechtliche Verpflichtung zur Objektivität und Unparteilichkeit der Medienberichterstattung", betonte Walter Berka, Professor an der Universität Salzburg. "Deshalb dürfen Medien verfälschen und schlecht informieren." Das sei dann "vielleicht schlechter Journalismus", rechtlich aber nicht bekämpfbar.
Wo sind die Grenzen?
Völlige Narrenfreiheit gibt es in den Nachrichten aber nicht. Die Grenze liegt dort, wo in klar abgegrenzte Rechte eines Einzelnen oder eines Unternehmens eingegriffen wird. Doch die Medien wissen meistens genau, wie sie diese Grenze geschickt umgehen. Statt ein bestimmtes Unternehmen anzuschwärzen, bleibt die Berichterstattung allgemein. "Wenn etwa über die Gefahren von Mobilfunkstrahlen berichtet wird, bleibt das rechtlich folgenlos. Denn ein Handy mast hat keine Persönlichkeitsrechte", erläuterte Berka.
Wird jedoch ein konkretes Unternehmen angegriffen, kann sich dieses sehr wohl zur Wehr setzen. "Niemand muss eine ehrenschädigende, falsche Medienberichterstattung dulden", sagte Berka. Der Betroffene kann sich dabei an die Straf- oder Zivilgerichte wenden und eine Gegendarstellung, Unterlassung, einen Widerruf der Äußerung sowie dessen Veröffentlichung verlangen.
Der WU-Professor Georg Kodek gab beim Symposium jedoch zu bedenken, dass im zivilgerichtlichen Verfahren von der Einbringung der Klage bis zum rechtskräftigen Urteil viel Zeit vergehen kann. Etwa zwei Jahre würden medienrechtliche Verfahren in Anspruch nehmen, strafrechtliche Verfahren seien üblicherweise kürzer. Zwar könne man in der Zwischenzeit eine einstweilige Verfügung beantragen, mit der dem Medium die Äußerung verboten wird, veröffentlicht wird das Verbot aber nicht.
Unternehmen sollten sich jedoch nicht zu viel vom Klagsweg erwarten. Anders als bei Privatpersonen, bei denen sich der Schutz vor den Medien laut Berka in den vergangenen Jahren verbessert hat, müssen juristische Personen nämlich zunehmend mehr einstecken. Laut dem Universitätsprofessor räumt der Oberste Gerichtshof der freien Meinungsäußerung viel Platz ein - für den Medienanwalt Korn zu viel Platz. "Der Preis, den wir für Meinungsfreiheit zahlen, ist zu hoch", kritisierte er in Richtung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte, der die Wertung der Grundrechte vorgibt.