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"Machtmissbrauch, kein Lobbying"

Von Katharina Schmidt

Politik

Kovar und Thierry fordern transparentere Parteiengesetze.


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Wien. 720.000 Euro hier, 500.000 Euro dort. Ein Erfolgshonorar von 3,2 Millionen. Gut, Letzteres wurde angeblich nie bezahlt. Dennoch drängt sich angesichts der Summen, mit denen die Auskunftspersonen im Untersuchungsausschuss um sich werfen, die Frage nach der Verhältnismäßigkeit auf. Sind solche Honorare in der Branche normal?

Nein, sagt Andreas Kovar von der Wiener Beratungsfirma Kovar & Köppl Public Affairs und Vorstand des Austrian Lobbying and Public Affairs Council (Alpac). Bei einem Stundensatz von rund 300 Euro brächte ein durchschnittlicher Beratungsauftrag 40.000 bis 50.000 Euro im Jahr. Ein großer Auftrag sei maximal 200.000 Euro im Jahr wert.

"Bei den Summen, von denen im U-Ausschuss die Rede ist, kann das nicht Lobbying sein, das müssen andere Geldflüsse sein", sagt Kovar. Das zeige schon folgende Rechnung: "Für eine Million Euro Umsatz brauche ich vier bis fünf Top-Berater."

Die Telekom will sich nun neun Millionen Euro vom Lobbyisten Peter Hochegger zurückholen. "Ich frage mich: Wo hat Hochegger diese Kohorten an Lobbyisten geparkt?" Für Kovar ist hier "nicht von Lobbying die Rede, sondern von Machtmissbrauch".

Er fordert generell strengere Parteiengesetze - "eine Reform der Parteienfinanzierung ist mir zu wenig". Stattdessen müsse es eine bessere Aufsicht über die Geldflüsse und Kaufentscheidungen der Parteien geben. Auch sollte die Jobvergabe durch die Politik in staatsnahen Unternehmen stärker reglementiert werden.

"Saubere Trennung" von Politik und Lobbyisten nötig

"Je sauberer Politik und Interessenvertreter getrennt sind, desto besser ist das für beide Seiten"; sagt auch Feri Thierry, Präsident der Österreichischen Public Affairs Vereinigung (Öpav). Er hält Lobbying an sich zwar für wichtig, denn nur so könnten die Politiker die praktischen Folgen eines Gesetzes einschätzen.

Allerdings dürfe es keine Vermischung zwischen formeller und informeller Arbeit geben. Er findet, dass Parteienfinanzierung durch Unternehmen sehr wohl erlaubt sein sollte - allerdings müsste es dann wie in den USA hundertprozentige Transparenz geben. Verboten sein sollte Parteienfinanzierung durch staatsnahe Unternehmen.

Weder Thierry noch Kovar halten übrigens etwas von der Form der "Netzwerkpflege", wie sie im U-Ausschuss immer wieder thematisiert wird. So wird am Mittwoch Alfons Mensdorff-Pouilly über die Jagden Auskunft geben müssen, die auf seinen Gütern im Burgenland und in Schottland stattgefunden haben und bei denen unter anderen der damalige IV-Chef Markus Beyrer oder der Alcatel-Boss und ÖVP-Bundesrat Harald Himmer anwesend waren.

Kovar und Thierry halten berufliche Termine prinzipiell nur im beruflichen Umfeld ab - "bei uns gelten null Euro im Umgang mit Politikern und Behörden", sagt Kovar. Mittagessen ohne konkreten Anlass seien zu vermeiden - ansonsten gelte eine Höchstgrenze von 100 Euro. "Wir organisieren keine Jagden", sagt auch Thierry. Sowohl die Alpac wie auch die Öpav haben einen eigenen Verhaltenskodex.

Die Ladungsliste
Im U-Ausschuss ist Mittwochfrüh Markus Beyrer, Chef der Staatsholding ÖIAG, als Auskunftsperson geladen. Er soll - noch als Generalsekretär der Industriellenvereinigung - an Jagdausflügen des ÖVP-nahen Lobbyisten Alfons Mensdorff-Pouilly teilgenommen haben.
Letzterer muss nach Beyrer dem U-Ausschuss Rede und Antwort stehen. Da wird es dann womöglich rustikal: Das Gremium hat vergangene Woche Mensdorffs "Abschusslisten der erlegten Wildstücke" von 2000 bis 2011 angefordert. Am Nachmittag wird Christgewerkschafter Alfred Gajdosik über vermutete Geldflüsse an die FCG befragt.
Spannend wird es auch am Donnerstag, wenn der BZÖ-nahe Werber Gernot Rumpold und seine Ex-Frau Erika Daniel aussagen. Dabei geht es um eine vermutete Finanzierung des FPÖ-EU-Wahlkampfs 2004 über eine Rumpold-Firma durch die Telekom. Als Ansprechpartner der Rumpolds soll Michael Gassauer, der ebenfalls geladen ist, fungiert haben. Gassauer war von 1999 bis 2005 Telekom-Mitarbeiter und stürzte 2008 als Postbus-Geschäftsführer über eine Rotlichtaffäre. Auch Walter Meischberger soll Auskunft über Telekom-Aufträge geben.