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Machtwort auf Zeit

Von Christian Rösner

Politik

SPÖ-Vorstandssitzung endete am Montag ohne Personalrochaden.


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Wien. Die Wiener SPÖ hat sich am Montag unter Ausschluss der Öffentlichkeit zu einer Sitzung des Parteivorstandes getroffen. Gegen 17 Uhr trat schließlich Bürgermeister Michael Häupl vor die Journalisten und erklärte, dass man "intensiv diskutiert" habe. Und dass es derzeit keine Personalrochaden geben würde.

Als nicht unwahrscheinlich gilt trotzdem, dass Häupl jetzt in erster Linie die Zeit über die Bundespräsidentenwahl bis hin zu einer möglichen vorgezogenen Nationalratswahl im Frühjahr 2017 überbrücken will, um danach - rund drei Jahre vor der der nächsten Wien-Wahl - seine Nachfolge zu regeln. Er selbst hatte einst als Nachfolger von Helmut Zilk als Bürgermeister nur zwei Jahre, um sich auf die nächste Wahl vorzubereiten. Allerdings war er eineinhalb Jahre vor seiner Wahl zum Bürgermeister schon zum Landesparteichef gekürt worden.

Nichtsdestotrotz hatte Häupl am Wochenende erneut eine weitere Kandidatur für 2020 nicht ausgeschlossen. Seine Ankündigung einer Landesparteivorstandstagung im Jänner könnte jedenfalls eine Gelegenheit sein, die Partei umzubauen, um sie auf die nächste Nationalratswahl einzuschwören. Häupl selbst hat nach der Sitzung am Montag nicht völlig ausgeschlossen, personelle Veränderungen Anfang 2017 vornehmen zu wollen.

Zeitpunkt katastrophal

Viele Mandatare meinen jedenfalls, dass eine Nachfolge-Diskussion rund um Häupl zum jetzigen Zeitpunkt katastrophal für die Partei ist. Dass er in absehbarer Zeit gehen werde, wisse ohnehin jeder. Aber zwei Wochen vor der Bundespräsidentenwahl so etwas einzufordern, sei grob fahrlässig.

Eine weitere Frage sei dann natürlich, ob es sich die Sozialdemokratie leisten könne, bei der nächsten Nationalratswahl auf Michael Häupl zu verzichten. Und ob man es schafft, in dieser kurzen Zeit jemanden mit annähernd gleicher politischer Strahlkraft aus dem Hut zu zaubern. Die Nationalratswahl wäre demnach ein guter Zeitpunkt für Häupl, sich zurückzuziehen - egal, ob sie gut oder schlecht für die SPÖ ausgeht. "Denn eines ist klar: Keiner von denen, die jetzt so groß das Maul aufreißen, hätte die Wienwahl 2015 so erfolgreich über die Bühne gebracht. Und ohne Häupl würde niemand dort sitzen, wo er jetzt sitzt. Aber Dankbarkeit ist bekanntlich keine politische Kategorie", so ein hoher Funktionär.

"Zu lange bis 2018"

Der Politologe Peter Filzmaier sieht das im Übrigen ähnlich - räumt aber ein, dass das nur im Falle einer vorgezogenen Nationalratswahl funktionieren könnte. "Es ist auch ein logisches Argument zu sagen, warten wir die Konstellation nach der Wahl ab. Aber auf den Herbst 2018 zu warten, dafür ist die Partei definitiv zu labil", meint Filzmaier. Ein Machtwort auf Zeit auszusprechen, so wie Häupl das die vergangenen Monate immer wieder gemacht habe, funktioniere nicht mehr. Und das sei der Punkt, der Häupls Führungsperspektive ausmache.

Auf die Frage, wer denn ein geeigneter Nachfolger von Häupl sein könnte, antwortete der Politologe Thomas Hofer wiederum, dass es nur jemand sein könnte, der nicht einem Lager so zuzurechnen ist, dass sich das andere komplett brüskiert fühlt. Und die meisten der bisher Genannten würden diesem Kriterium nicht entsprechen. Dementsprechend wäre der am Wochenende zur Sprache gebrachte Gerhard Zeiler durchaus geeignet - obgleich dieser am Montagabend der Öffentlichkeit ausrichten ließ, nicht interessiert zu sein. Aber auch bei den anderen Personalentscheidungen müsste Häupl laut Hofer Signale in beide Richtungen senden, um die Lager zu versöhnen.

Dramatisch für Kern

Auf jeden Fall ist auch laut Hofer der Zeitpunkt dieser Krise der denkbar schlechteste. "Eine gute Nachricht ist das für Alexander Van der Bellen sicher nicht. Denn die Wiener SPÖ war - auch wenn sie nicht voll durchgezogen hat - nicht unwichtig für das Ergebnis der Bundespräsidentenwahl in Wien am 22. Mai." Die Situation sei auch dramatisch für Bundeskanzler Christian Kern. Denn regional gesehen sei Wien die letzte Bastion der SPÖ. "Das Ganze ist eine sehr weitreichende Geschichte für Kern, der hier nur die Rolle eines Passagiers einnehmen kann. In der Hoffnung, dass Häupl - der Kern nicht einmal auf den Schild gehoben hat - das halbwegs in seinem Sinne hinbekommt", so Hofer. Dass Häupl überraschend der Öffentlichkeit eine Lösung präsentiert, so wie er sich das gewünscht hatte - dieser Zug sei abgefahren, meint Hofer. "Einen Zeitgewinn traue ich ihm zu, aber es ist nicht mehr als das." Und dieser Zeitgewinn wird wohl nicht länger als bis Jänner 2017 reichen. Also wieder ein Machtwort auf Zeit.