Berühmte, teils berüchtigte Vorgänger als Innenminister. | Integration und interne Reform auf der Agenda. | Wien. An Sexappeal in Sachen Macht und Einfluss kann es nur das Finanzministerium mit dem Innenministerium aufnehmen. Kein Wunder, dass die Liste der Vorgänger Johanna Mikl-Leitners das Who is Who der Machtmenschen dieser Republik widerspiegelt: Die Innenminister nach 1945 trugen klingende, heute teils sogar berüchtigte Namen.
Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 13 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.
Helmer, Olah, Rösch, Einem und Strasser
Oskar Helmer (1945 bis 1959) war lange einer der mächtigsten Männer der SPÖ, seine antisemitischen Sprüche sind heute noch legendär; Franz Olah, einst zum "gefährlichsten Mann Österreichs" geadelt (1963 bis 1964), hatte das Amt nur kurz inne; Otto Rösch (1970 bis 1977) lehrte während des Krieges an einer NS-Eliteschule; dann Karl Blecha, später Ernst Strasser; aus der Reihe fiel lediglich Caspar Einem (1995 bis 1997): Das Scheitern des linksliberalen SPÖ-Feingeistes im rechtsgepolten Innenministerium war programmiert. Auch die herzliche Liese Prokop wollte irgendwie nicht so recht in die Macho-Männer-Bastion passen.
Das Innenministerium gibt seinem Chef eine fast unglaubliche Machtfülle in die Hände: Von A wie Alpinpolizei bis Z wie Zivilschutz reicht die Liste der Zuständigkeiten - und dazwischen befindet sich praktisch der gesamte zivile Sicherheitsapparat. Zum Drüberstreuen ist das Ministerium mit prächtigem Sitz in der Wiener Herrengasse auch noch für den ordnungsgemäßen Ablauf von Wahlen zuständig. Das Ressort in nüchternen Zahlen: Rund 33.000 Mitarbeiter, davon 27.000 Polizisten in über tausend Dienststellen; ein Fuhrpark von 4500 Fahrzeugen; und das alles bei einem Budget von 2,4 Milliarden Euro jährlich - aktuelle Tendenz: leicht steigend.
Mikl-Leitner ist keine zweite Liese Prokop und ganz sicher kein zweiter Caspar Einem. Vielmehr ist nach dem Abgang Maria Fekters ins Finanzministerium in der Herrengasse für Kontinuität gesorgt: Die 47-jährige niederösterreichische Landesrätin wird in Stil und Sache den harten Kurs Fekters nahtlos fortsetzen. Immerhin nimmt das Innenministerium in den innerparteilichen Planspielen der Volkspartei eine Schlüsselposition ein, wenn es darum geht, im Wettbewerb mit den Freiheitlichen Stimmen und Profil zurückzugewinnen. Dass dabei allerdings auch neue Akzente gesetzt werden sollen, beweist die Installation eines Staatssekretärs für Integration - bisher eigentlich eine Forderung von SPÖ, Grünen und NGOs.
Dass sie durchaus große Apparate organisieren und motivieren kann, hat die verheiratete Mutter zweier Töchter schon als Landesgeschäftsführerin der niederösterreichischen ÖVP unter Beweis gestellt. Im Land unter der Enns gilt die streitbare studierte Wirtschaftspädagogin als politische Allzweckwaffe Erwin Prölls.
Interne Reform als offene Baustelle
An großen Baustellen erbt Mikl-Leitner von ihrer Vorgängerin vor allem die Umsetzung der Strukturreform des Ministeriums. Dazu zählt auch das Bewusstsein für Menschenrechte in der Polizei deutlich zu stärken. Und natürlich die Umsetzung des Nationalen Aktionsplans Integration.
Bleibt die Frage, ob der Bau eines dritten Erstaufnahmezentrums - neben Traiskirchen und Thalham - noch einmal auf die politische Agenda zurückkehrt. Ein solches ist im Regierungsprogramm von 2008 eigentlich vorgesehen, fiel jedoch den Wirren des burgenländischen Landtagswahlkampfs zum Opfer. Derzeit besteht angesichts der sinkenden Asylanträge zwar kein Bedarf, das kann sich beim nächsten sozialrevolutionären Wirbelwind in Europas Nachbarschaft allerdings auch schnell wieder ändern. Aber mit den Regeln und Tricks der Landespolitik ist Mikl-Leitner ohnehin bestens vertraut.