Der Internationale Frauentag am 8. März war auch heuer wieder Anlass für eine Reihe von Veranstaltungen zum Thema Gleichberechtigung, Förderung von Frauen oder Gender-Bewusstsein. Nicht vergessen werden sollten in diesem Zusammenhang die Mädchen in der sogenannten Dritten Welt. Sie werden stark benachteiligt, zum Beispiel in der Schulbildung.
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Global betrachtet geben Daten und Fakten zu Besorgnis Anlass. Ungleichbehandlung beginnt bereits im Grundschulalter, natürlich mit negativen Folgen im Erwachsenenleben.
Von den geschätzten 150 Millionen Kindern zwischen sechs und elf Jahren, die nicht zur Schule gehen, sind 90 Millionen Mädchen. Diese Zahlen verschärfen sich dramatisch in abgelegenen ländlichen Gebieten der sogenannten Dritten Welt. Im Extremfall sitzen in einer Klasse 100 Buben und 12 Mädchen.
Armut ist immer ein zentraler Grund, Kindern den Schulbesuch zu verweigern. Die Gründe, warum Eltern bevorzugt männliche Nachkommen zur Schule schicken, sind vielfältig. Mädchen werden nach wie vor viel stärker als ihre Brüder zur Mithilfe in Haushalt und Landwirtschaft sowie zur Betreuung von kleineren Geschwistern und Alten herangezogen. Eltern fürchten um die persönliche Sicherheit von Mädchen auf langen Schulwegen. Die Qualität und Verwertbarkeit von Bildung und Ausbildung wird bei Mädchen kritischer betrachtet. Ihr Abwandern in die Städte auf der Suche nach Arbeit ist in den meisten Gesellschaften nicht akzeptiert. Andere sozio-kulturelle Normen kommen hinzu: die Vermittlung eines Frauenbildes der Hausfrau und Mutter, die Unterbewertung formaler Bildung für Frauen, auch frühe Heirat.
Schulbildung zu gewähren ist nicht nur ein Menschenrecht, ein Frauenrecht. Für eine Gesellschaft lohnt es sich, in die Bildung auch der Mädchen zu investieren. Die Produktivität von Frauen, ihre Berufstätigkeit und ihr politisches Engagement erhöhen sich mit jedem weiteren Jahr genossener Schulbildung signifikant. Frauen, die lesen und schreiben können, betreiben Familienplanung, werden später schwanger und bekommen weniger Kinder. Mütter- und Säuglingssterblichkeit sinken, weil Gesundheitsvorsorge in Anspruch genommen wird. Und: Gebildete Mütter wollen gebildete Mädchen.
Die internationale Gemeinschaft hat sich vorgenommen, bis zum Jahr 2015 die absolute Armut um die Hälfte zu reduzieren ("A better world for all" - ein Dokument von UNO, OECD, IWF und Weltbank, 2000). Bis zu diesem Zeitpunkt sollen auch alle Kinder zur Schule gehen. In den letzten 20 Jahren hat sich die Schere zwischen Mädchen und Buben zwar etwas geschlossen. Das zusätzliche Ziel, bis 2005 die Ungleichheit zwischen den Geschlechtern sowohl in Grund- als auch in weiterführenden Schulen zu eliminieren, wird man beim gegenwärtigen Trend nicht erreichen. Eine allgemeine Förderung von Schule reicht nicht. Ganz spezielle Lösungen für Mädchen und angepasst für einzelne Gemeinschaften werden bereits erfolgreich erprobt. Zum Beispiel: Kleinere Schuleinheiten nahe der Wohnorte, spezieller Schutz vor sexueller Belästigung, mehr weibliches Lehrpersonal, Stipendien für Mädchen, Lehrer-Eltern-Treffen, um Probleme zu besprechen oder traditionelle Vorschriften zu hinterfragen und gemeinsam nach Lösungsmöglichkeiten zu suchen.