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Mädchen in schwarzen Hot-Pants reichen nicht

Von Christina Aumayr-Hajek

Gastkommentare

Wolfgang Schüssel hat bei seiner Parteiübernahme in den 1990er Jahren das Ziel ausgerufen, die ÖVP müsse über die Städte wachsen. Zwölf Jahre später präsentierte Josef Pröll im Ernst-Happel-Stadion das Ergebnis seiner 16 Perspektivengruppen. Und am 10. Oktober fährt die Wiener ÖVP ein historisches Wahldebakel ein.


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Eine Regierungspartei schrumpft in der Bundeshauptstadt auf das Niveau einer Kleinpartei. Auch die Landeshauptstädte Klagenfurt, Linz, Salzburg und Sankt Pölten geben der ÖVP wenig Anlass zur Freude, werden sie doch von FPK oder SPÖ regiert. Einzig in Graz und Bregenz stellt die ÖVP den Bürgermeister und in Innsbruck durch eine Bürgerliste die Bürgermeisterin. Der urbane Siegeszug sieht anders aus. Und mögen die Perspektivengruppen von Pröll damals inhaltliche Erneuerung und zeitgemäßen Wandel suggeriert haben, so steckt die ÖVP heute mehr denn je in alten Mustern fest.

Das aktuelle Wahlverhalten der unter 30-Jährigen spricht Bände: Zwölf Prozent haben bei der Wiener Gemeinderatswahl für die ÖVP gestimmt, der schlechteste Jungwähler-Wert aller Parteien. Ähnlich die Situation bei den jungen Frauen: Laut einer Sora-Umfrage lag der Wähleranteil der ÖVP bei den jungen Frauen bei mageren zehn Prozent.

Warum zieht die ÖVP also bei urbanen Wählergruppen nicht? Tourte man in Wien doch eigens mit einem "Geil-o-mobil" durch die Stadt und versuchte mit der Kampagne "Schwarz macht geil!" Jungwähler zu mobilisieren. Doch Themenleere und die inflationäre Verwendung des Wortes "geil" machen noch keinen Jugendwahlkampf.

Aber auch meine Stimme wollte die Wiener ÖVP nicht. Ich bin 32 Jahre alt, Mutter zweier Kinder und selbständig. Themen der Wiener ÖVP? Keine. Wien lebt von Tausenden neuen jungen Selbständigen. Dieses Feld überlässt man kampflos den Grünen. Themen für junge Familien? Im Nirgendwo. Thema Nachhaltigkeit und Stadtentwicklung? Fehlanzeige. Das Thema Bildung wurde zwar groß plakatiert, und groß ist auch die Ablehnung der schwarzen Lehrergewerkschaft bei jedem Reformversuch.

Bleiben die ÖVP-Themen Integration und Sicherheit. Gut, der Versuch die FPÖ hier rechts zu überholen, darf wohl endgültig als gescheitert angesehen werden. Aber auch die Themen Forschungs- und Wirtschaftsstandort Wien waren nicht auf dem Radarschirm der Wiener ÖVP. Und die Parteispitze macht es sich zu leicht, diesen Wahlausgang auf einen verunglückten Wahlkampf zurückzuführen. Die Verantwortung, sich als Partei zu erneuern, neue Lebensrealitäten der Menschen zu erkennen und deren Bedürfnisse anzusprechen, liegt bei der Parteiführung. Politische Mitbestimmung ist noch keine Zukunftsvision für Wien - und bleibt die ÖVP auf diesem Kurs, wird sie ihr in Wien weiterhin verwehrt bleiben.

Christina Aumayr-Hajek ist studierte Kommunikationswissenschafterin und Geschäftsführerin von Freistil-PR.