Anlegerin beruft gegen Klageabweisung und setzt auf das Gerichtsgutachten.
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Wien. Die Madoff-Affäre beschäftigt weiterhin die österreichischen Gerichte. Vor wenigen Tagen hat eine Anlegerin Berufung gegen eine Klageabweisung durch das Handelsgericht Wien eingebracht. Sie wollte von der Vontobel Bank Österreich AG die Rückabwicklung ihres Investments in den Primeo Strategy Fund des späteren Mega-Betrügers Bernard Madoff sowie Schadenersatz.
Das Verfahren dreht sich mittlerweile vor allem um das "Klumpenrisiko", sprich die Bündelung gleich gelagerter Risiken. Somit fehlt dem Investment eine Risikostreuung. Das Portfolio der Klägerin umfasste Ende 2007 laut Aktenlage 25,29 Prozent Primeo-Anteile, 27,47 Prozent Fidelity Fonds und 13,8 Prozent Sarasin Emerging Star.
"Der mit dem Primeo erreichte Anteil von 25 Prozent lag allerdings über dem für eine angemessene Diversifikation angemessenen Höchstanteil von 20 Prozent. Das ist aber nicht als Beratungsfehler zu qualifizieren", meint Richterin Elfriede Dworak im Urteil. "Andernfalls "wäre der Erwerb des Primeo gar nicht möglich gewesen." Denn erst ab 50.000 Euro konnte Anleger einsteigen. Laut Urteil durfte die Bank davon ausgehen, dass "die Klägerin ihre Entscheidungen, wenn auch nach fachkundiger Information, eigenverantwortlich traf, und dass ihr bewusst war, dass ein nur aus Aktienfonds und Hedgefonds bestehendes Portfolio insgesamt riskanter sei". Fazit der Richterin: "Das Verfahren hat kein erkennbares schadenskausales Klumpenrisiko ergeben."
Gegen diese Einschätzung richtet sich die Berufung aus der Feder von Anwalt Wolfgang Haslinger. Der Anlegeranwalt setzt darin auf die Expertise des Gerichtssachverständigen Erich Pitak.
"Es ist allerdings zu beachten, dass durch die Gewichtung von 25 Prozent Multi Strategy Fund sich ein beträchtliches operationelles Risiko hinsichtlich eines singulären, letztverantwortlichen Investmentberaters, Pioneer, aufbaute; also ein operationelles ‚Klumpenrisiko‘ im weiteren Sinn", heißt es auf Seite 25 des Gutachtens. "Ab 15 Prozent kann beim Primeo Multi Strategy Fund von einem operationellen Klumpenrisiko ausgegangen werden." Nachsatz: "Eine Gewichtung, bis zu 20 Prozent erscheint bei hoher Risikobereitschaft, hoher Risikofähigkeit und detaillierter Risikoaufklärung vertretbar."
Bankanwältin kontert
"Die Berufung wurde unserer Mandantschaft noch nicht zugestellt. Wenn das geschieht, werden wir eine Berufungsbeantwortung erstatten", teilt Vontobel-Anwältin Susanne Jetschko, von der Wiener Kanzlei Kraft & Winternitz, auf Anfrage der "Wiener Zeitung" schriftlich mit. "Derzeit können wir nur mitteilen, dass das Klagebegehren der Klägerin trotz mehrfacher Modifizierung - es wurde ursprünglich die Veranlagung in Primeo beanstandet, später aber eine mangelnde Diversifizierung vorgebracht - in erster Instanz aus unserer Sicht völlig zu Recht zur Gänze abgewiesen wurde."