Laut Handelsgericht haftet die Bank für unvollständigen Primeo-Fonds-Prospekt.
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Wien. In der Anlageaffäre um den Primeo Select Fonds, dessen Repräsentantin und Prospektkontrollorin die Bank Austria war, hat das Handelsgericht ein bahnbrechendes Urteil gesprochen. Laut dem Zwischenurteil (Aktenzahl 48 Cg 31/10h-34) muss die Bank dem Wiener Anlegerehepaar R., dass über einen Finanzberater Primeo Fonds-Anteile erworben hat, rund 376.000 Euro zurückzahlen.
Laut Richter Andreas Pablik hatte die Bank Austria die Primeo-Prospekte auf ihre Vollständigkeit und Richtigkeit zu prüfen. Der Bank ist laut Urteil bekannt gewesen, dass die Vermögenswerte des Fonds zugleich von der Firma BMLIS des (Mega-Betrügers) Bernie Madoff verwaltet und verwahrt wurden.
"Ein solches Zusammenfallen zweier zentraler, sich gegenseitig kontrollierender Aufgaben bei einer einzigen Person stellt eine Angabe dar, die für die Beurteilung des Primeo Fonds von wesentlicher Bedeutung ist", heißt es weiter. "Es bedarf keiner weitwändigen Erläuterungen, dass durch die Konstruktion das Malversationsrisiko erhöht wird." Nachsatz. "Der Volksmund kennt für die gewählte Konstruktion den Sinnspruch ,Den Bock zum Gärtner machen." Laut Urteil muss auf "eine solchen bemerkenswerten und risikoerhöhenden Umstand im Prospekt selbst ausdrücklich und eindeutig hingewiesen werden". "Da das unterlassen wurde, sind die Prospekte schon aus diesem Grund unvollständig", sagt der Richter. "Da die Bank Austria fälschlicherweise die Vollständigkeit des Prospektes bestätigte, haftet sie als Prospektkontrollorin, wobei hier nicht nur von grober Fahrlässigkeit, sondern eher sogar von einem Vorsatz auszugehen ist." Die Bank Austria hat bisher alle Vorwürfe in Sachen Primeo-Madoff bestritten. Das Urteil, das Anwalt Werner Opetnik im Auftrag des Prozessfinanzieres AdvoFin erstritten hat, ist nicht rechtskräftig. Der Finanzberater, vertreten von Anwalt Lukas Aigner, ist auf Klägerseite dem Verfahren beigetreten.