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Madrids Einfluss auf Warschau

Von Martyna Czarnowska

Europaarchiv

Die Ankündigung der künftigen spanischen Regierung, von der Haltung ihrer Vorgängerin in der Verfassungs- und Irak-Frage abzugehen, löst in Polen Unruhe aus. Zwar will Polens Außenminister W³odziemierz Cimoszewicz eine offizielle Stellungnahme Madrids abwarten, bevor "weitgehende Schlüsse" gezogen werden. Doch auf ein Überdenken seiner Außenpolitik muss sich Warschau jetzt schon einstellen.


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"Europa muss uns wieder als proeuropäisches Land ansehen, das keine Grenzen zwischen altem und neuem Europa zieht." Der Europäischen Union können solche Worte nur Freude bereiten. Doch sie waren nicht aus Warschau sondern aus Madrid zu hören, vom spanischen Wahlsieger Jose Luis Zapatero.

Selten konnte sich die polnische Regierung so wenig über den Sieg einer sozialistischen Partei in Europa freuen. Kaum waren die Bande zwischen Madrid und Warschau enger geknüpft, bilaterale Treffen als fixer Bestandteil davon vereinbart, die Ministerpräsidenten José María Aznar und Leszek Miller als Verbündete aufgetreten, schon zwingt ein Regierungswechsel in Spanien dazu, das Verhältnis zu überdenken.

Denn Polen verliert einen Verbündeten - und das in zweifacher Hinsicht. So könnte Warschau sich sowohl in der Verfassungs- als auch in der Irak-Frage innerhalb der EU isoliert sehen. Zurecht weist die polnische Regierung zwar immer wieder darauf hin, dass nicht sie allein für das Scheitern des Verfassungsgipfels im vergangenen Dezember verantwortlich ist. Aber sie war es, die auf die in Nizza getroffenen Vereinbarungen gepocht hat - und darin von Spanien unterstützt wurde.

Zapateros Ankündigung, die europäische Verfassungsdebatte beschleunigen zu wollen, birgt für Polen die Gefahr, allein für Nizza kämpfen zu müssen. Vom Sterben dafür ist zwar nicht mehr die Rede, von einem völligen Meinungsumschwung aber auch nicht. Dennoch steigen die Hoffnungen auf einen Kompromiss, nicht zuletzt in Brüssel.

Der mögliche Abzug spanischer Soldaten aus dem Irak - aus einer Division unter polnischem Kommando - könnte sich ebenso auf die Außenpolitik Warschaus auswirken. Seine Soldaten wird Polen nicht abziehen, doch das transatlantische Bündnis wird brüchiger. Was Spanien angekündigt hat, würde sich die EU auch von Polen wünschen: proeuropäischer zu agieren.

Schon mehrmals ist Warschau für seine Anlehnung an Washington scheel angesehen worden. Seine Kontakte zu den USA wird es keinesfalls abreißen lassen. Doch eine größere Annäherung an die EU bleibt unabdingbar, will Polen die Union von seiner Absicht überzeugen, ein "gutes Mitgliedsland" zu sein.