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Magere Bilanz

Von Arian Faal

Analysen

Während das umstrittene Abdullah-Dialogzentrum in Wien heuer seinen 5. Geburtstag feiert, tritt sein Geldgeber, Saudi-Arabien, die Menschenrechte weiter mit Füßen.


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Wien. Das Abdullah Zentrum (King Abdullah Bin Abdulaziz International Centre for Interreligious and Intercultural Dialogue; KAICIID) im Wiener Palais Sturany am Schottenring feiert heuer seinen fünften Geburtstag. Seit 2012 wurden multireligiöse Symposien einberufen, Dialogplattformen in Myanmar, Nigeria und in der Zentralafrikanischen Republik aufgebaut sowie Länderbüros eingerichtet.

Zudem wurde ein Büro in Beirut eingerichtet, das die Arbeit beim Aufbau einer interreligiösen Dialogplattform für die arabische Region unterstützt. Laut KAICIID konnte durch das Zentrum 15.000 Menschen geholfen werden und wurden 2700 religiöse Würdenträger im Bereich des interreligiösen Dialogs ausgebildet. Seiner Grundaufgabe, den Dialog auch insofern zu fördern, dass die Menschenrechte aktiv eingefordert und verteidigt werden, ist das KAICIID aber nur bedingt nachgekommen.

Erinnern wir uns: Die Nachricht aus Saudi-Arabien im Jahre 2013 schockierte die Welt, als eine Gruppe junger Männer, die mit nacktem Oberkörper in der Provinz Kassim auf dem Dach eines Autos zu arabischer Popmusik getanzt hatte, zu einigen Jahren Gefängnis und mehreren Peitschenhieben verurteilt wurden. Gegen einen weiteren Angeklagten verhängte das Gericht eine siebenjährige Haftstrafe und 1200 Peitschenhiebe. Die Angeklagten wurden für ihre öffentliche Tanzeinlage und das Hochladen des Videos auf Facebook und YouTube bestraft. Dadurch hätten sie zu Ausschweifungen angestiftet und die "öffentliche Moral" verletzt. Dieses Beispiel zeigt nur die Spitze des Eisberges in Hinblick auf die in Riad mit Füßen getretenen Menschenrechte.

Mehr als 80 Hinrichtungen

Aus dem KAICIID hieß es damals dazu: "Wir sind nicht Saudi-Arabien." Stimmt nicht ganz. Denn der damalige Gründer und mittlerweile verstorbene saudi-arabische König Abdullah und sein Nachfolger Salman zahlten mehrere Millionen Euro jährlich (14 bis 16 Millionen Euro) und haben einen Vertrauten - ihren Ex-Vize-Bildungsminister Faisal Abdulrahman bin Muammar - als Generalsekretär installiert. Dass ausgerechnet jenes Königreich, das von mehreren Menschenrechtsorganisationen zu den sieben repressivsten Regimes weltweit gerechnet wird, das KAICIID finanziert und ein Brückenbauer zwischen den Kulturen und Religionen sein will, ist höchst umstritten. Nebenbei sei erwähnt, dass Saudi-Arabien das einzige Land der Welt ist, wo noch mit dem Säbel hingerichtet wird. Im Jahr 2017 schon mehr als 80 Mal. Das KAICIID sagt dazu, dass Menschenrechte nicht durch Urteilssprüche sondern durch Dialog gelöst werden. "Dialog ist weder eine Form der Kritik, noch eine Diskussion mit Gewinnern und Verlierern", heißt es in der Stellungnahme. Auf die Frage, ob man im KAICIID nicht etwa auch den Fall des inhaftierten und ausgepeitschten Bloggers Raif Badawi behandeln könnte, wird nicht explizit eingegangen.

Es ist absurd, aber wahr, dass in Saudi-Arabien die Wahhabiten jeden, der von ihrer Auslegung des Islam abweicht, mit dem Tod bedrohen. Die Frau zählt - wie übrigens auch im Iran - sowieso vielweniger als der Mann. Dementsprechend sind auch die gesellschaftlichen Strukturen von Männern dominiert. Während das KAICIID in Wien sich also als moderater Hort des Dialogs und der Interreligiosität gibt, haben es Christen und andere religiöse Minderheiten in Saudi-Arabien schwer. Sie müssen ihre Religion heimlich und still ausleben und sind gut beraten, nicht aufzufallen. Wird man in Riad mit einer Bibel in der Hand erwischt, kann man von einer Gefängnisstrafe und Peitschenhieben ausgehen.

Einen Hoffnungsschimmer gibt es aber: Der saudische Kronprinz Mohammed bin Salman hat sich diese Woche für die Liberalisierung des Landes ausgesprochen. "Wir gehen zu dem zurück, wie wir waren: dem moderaten Islam, der offen gegenüber der Welt und allen Religionen ist." Inschallah!