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Magnas Jagd nach neuen Pferdestärken

Von Claudia Peintner

Wirtschaft

Künftig werden Autos dort gebaut, wo man sie später fährt: Zulieferer müssen mit Herstellern nach Asien ziehen. | Auslastung in Graz nur mit Technologie-Neuheit. | Österreich ist Favorit für Elektro-Batteriewerk. | Wien. Die Karosserie des Autozulieferers Magna bekam in letzter Zeit gehörige Kratzer ab: 2007 verlor der österreichisch-kanadische Konzern den Kampf um die Übernahme von Chrysler, 2009 misslang der Kauf von Opel. Beim Kauf der Dachsparte des deutschen Autozulieferers Karmann sah man sich bereits in der Zielgeraden, als im Mai das Nein des Kartellamtes folgte.


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Gerne hält sich die Belegschaft in solchen Situationen wohl an die Devise des Konzern-Gründervaters Frank Stronach: "Es macht keinen Sinn, sich über die entgangenen Chancen den Kopf zu zerbrechen, das Geschäftsleben geht weiter." Doch in welche Richtung?

Auch wenn der 70.000-Mitarbeiterkonzern im ersten Quartal 2010 wieder Gewinne geschrieben hat, kann der Paradigmenwechsel in der Autobranche nicht ignoriert werden: Laut dem Autoexperten Wilfried Sihn von der TU Wien belaufen sich die Überkapazitäten am Weltmarkt auf ungefähr 40 Prozent, vor allem der europäische Automarkt ist gesättigt. Das spürt auch das Magna-Werk in Graz: Die Auftragssituation ist gegenüber dem Spitzenjahr 2006 von fast 250.000 Autos auf rund 100.000 Stück geschrumpft. Es ist zwar gelungen, Prestigeprojekte wie den britischen Aston Martin Rapide unter die Haube zu bekommen, die georderten Stückzahlen sind aber überschaubar.

E-Autos mischen Karten neu

Eine Auslastung in Europa könne mit dem Ausbau neuer Technologien erreicht werden, glaubt der Autoexperte Sihn. Für Magna stecke viel Potenzial in der Entwicklung von Verbrennungsmotoren mit geringerem Benzinverbrauch.

Gleichzeitig werden die Karten im Bereich Elektro-Mobilität neu gemischt: Der Autozulieferer ist unter der Federführung von Frank Stronach intensiv dabei, in die Batterie-Technologie zu investieren. Laut Magna-Europa-Chef Siegfried Wolf plant der Konzern die Errichtung zweier Batteriewerke. Sehr wahrscheinlich ist es mittlerweile, dass eines davon, in Kooperation mit internationalen Technologiepartnern, sehr bald in Österreich entsteht, erfuhr die "Wiener Zeitung". Für den Standort würden vor allem die qualifizierten Arbeitskräfte sprechen.

Als Konglomerat von Unternehmen mit einer riesigen Produktpalette im Rücken - vom Außenspiegel bis zur Innenausstattung - könnte Magna als Zulieferer auch gute Chancen in China, Indien und Südamerika nützen.

Dort wird sich laut Branchenexperten in Zukunft das große Geschäft abspielen. "Automobilhersteller tendieren dazu, dort zu produzieren, wo sie die Autos verkaufen. Die Zulieferer müssen ihnen in diese Regionen folgen", glaubt der deutsche Autoexperte Stefan Bratzel. Für den Stronach-Konzern wird das kein leichtes Unterfangen: Magna muss nicht nur das Kunststück gelingen, mit lokalen Zulieferern zu kooperieren, ohne dass zu viel Know-how abfließt. Während sich die Austro-Kanadier bisher vor allem auf den amerikanischen und europäischen Markt fokussiert haben - 127 Standorten in den USA/Kanada stehen momentan 37 in Asien gegenüber -, sind andere Autozulieferer schon früher auf den Zug nach Fernost aufgesprungen, um Hyundai, Toyota oder Nissan zu beliefern.

Was dennoch für Stronachs Unternehmen spricht: "Neben der technologischen Souveränität ist Magna auch stark darin, flexibel auf Marktveränderungen zu reagieren", sagt Bratzel. Als es 2007/2008 extreme Einbrüche auf dem US-Automarkt gab, hätte es der Zulieferer rasch geschafft, die Kosten zu reduzieren und so die Verluste in Grenzen zu halten. Als Erster in der Branche setzte man etwa in der Magna Steyr-Fabrik in Graz auf Kurzarbeit sowie auf einen 20-Prozent-Lohnverzicht unter der Belegschaft.

Neue Technik, neue Märkte

Dass Magnas künftiger Pfad - zwischen neuen Technologien und Märkten - auch weiterhin Stronachs Handschrift tragen wird, ist unter Branchenbeobachtern unbestritten. Der 78-jährige Firmengründer habe mit Siegfried Wolf in Europa und Donald Walker in Übersee eine Mannschaft aufgebaut, die seine Denkweise und Führungsstruktur weitertrage. Und: "Ein Frank Stronach steckt nicht den Kopf in den Sand", betont Sihn, sondern mache sich auf zu neuen Vorzeigeprojekten - so, wie er es auch mit Magna immer praktiziert hat.