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Mahnung ohne Vertrag

Von Eva Stanzl

Wirtschaft

Beschwerden besonders im Telekom-Bereich. | Rücktritt schwierig. | Wien. Die Telekom-Regulierungsbehörde RTR warnt vor Vertragsabschlüssen am Telefon: "Der Rücktritt ist oft schwierig." Besonders im Telekom-Bereich verzeichne man aktuell viele Beschwerden.


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Zwei Beispiele verdeutlichen die Brisanz. Die RTR bezieht sich spezifisch auf den Münchner Anbieter MyPhone: "Von 3426 Verfahren, die seit Jahresbeginn eingebracht wurden, betreffen 570 dieses Unternehmen." Demnach geben sich die Keiler von MyPhone teilweise als Mitarbeiter der Telekom Austria aus, die ein günstiges Tarifpaket anbieten. Ein Großteil der Beschwerdeführer bestreite zudem, dass ein rechtsgültiger Vertrag mit MyPhone zustande gekommen sei.

Im Jänner war MyPhone vom Bezirksgericht Salzburg verurteilt worden, weil ihre Telefon-Verkäufer sich als Mitarbeiter von "Telekom Österreich" ausgegeben hatten. Auf Anfrage der "Wiener Zeitung" weist MyPhone die Vorwürfe aber zurück. "Es würde keinen Sinn machen, auf diese Weise Neukunden zu werben, da spätestens mit Erhalt der Auftragsbestätigung der Kunde feststellt, dass es sich nicht um einen Vertrag mit der Telekom Austria handelt. Kunden würden zurücktreten", so das Unternehmen.

Mehrere Beschwerden

MyPhone ist aber kein Einzelfall. "Wir haben eine Reihe solcher Beschwerden über mehrere Telekom-Betreiber", erklärt Horst Roth, Jurist bei der Arbeiterkammer (AK) Wien. So hatte etwa Wilfried F. im April unaufgefordert ein Schreiben vom Festnetz-Anbieter tele2 bekommen, das günstige Tarife bewarb und einen Anruf avisierte. Tatsächlich erhielt er einige Tage später den Anruf, bei dem jemand, der sich als tele2-Mitarbeiter vorstellte, die Tarife erläuterte. "Schicken Sie mir die Unterlagen", beantwortete F. die Frage, ob er seine Telefonate zum tele2-Tarif abrechnen lassen und nur noch die Grundgebühr weiterhin an die Telekom Austria zahlen wolle.

Statt der Unterlagen kam im Juni eine Rechnung. F. hielt diese für eine Musterrechnung, "um mir zu verdeutlichen, was ich mir ersparen könnte, da ich ja nie einen Vertrag abgeschlossen hatte". Ende Juni kam eine Mahnung. Auch diese nahm der Angeschriebene nicht ernst. Als er jedoch Anfang August vom Urlaub zurückkam, fand er im Postkasten eine zweite Mahnung und einen Brief vom Inkassobüro. Während F. nun damit beschäftigt war, sich zu wehren, drehte ihm der Betreiber den Festnetz-Abschluss ab - und verrechnete überdies eine Sperrgebühr von 20 Euro.

Tele2 distanziert sich

Tele2-Sprecher Jörg Wollmann bestätigt den Fall nach Einsicht der Akten: "Das ist leider nicht die einzige Beschwerde dieser Art. Es war eine Call Center-Firma, von der wir uns im Juni komplett getrennt haben, da die Dinge nicht so gelaufen sind wie vereinbart. Wir distanzieren uns von solchen Vertragsabschlüssen."

AK-Jurist Roth erklärt dazu: "Call Center werden mit Adressen bestückt, und dann wird wahllos angerufen. Die Vermutung ist, dass sogar Verträge fingiert werden." Der Auftraggeber merke den Schaden erst, wenn Beschwerden auftreten. Davor aber "kassiert der Call Center-Mitarbeiter die Provision, und das Unternehmen steht später als Böses da", sagt Roth.

Zwar gibt es in Österreich Qualitätskriterien für Call Center, aber keinen Mindestlohn, begründet Louisa Böhringer, Geschäftsführerin des Direktmarketing-Verbandes, die Praktiken mancher Call Centers. Dies schüre die Gier der Mitarbeiter: Zwar müssen sie laut Gesetz nunmehr angestellt werden, aber "der Fixlohn hängt allein von der Vereinbarung ab, die das Call Center mit seinem Auftraggeber trifft."

Bleibt die Frage, wie sich der Konsument wehren kann. Die AK rät folgendes:

* Anrufe zu Werbezwecken ohne vorherige Einwilligung des Konsumenten sind verboten. Jedoch gilt als "Einwilligung" auch, wenn man etwa bei einem Gewinnspiel den Satz: "Ich bin einverstanden, von (einem namentlich genannten Unternehmen) zu Werbezwecken angerufen zu werden" übersehen hat.

* Das Unternehmen muss den Vertragsnachweis erbringen. Dazu muss der potentielle Kunde die Frage, ob er einen Vertrag abschließen will, persönlich auf Tonband mit "Ja" beantworten.

* Das Unternehmen muss nach dem mündlichen Vertragsabschluss der Informationspflicht in Form eines Schreibens auf einem gesonderten Datenträger, wie Brief oder E-Mail, nachkommen, das über das Rücktrittsrecht binnen sieben Tagen informiert.

* Wurde dieser Weg nicht eingehalten und es flattert dennoch eine Rechnung ins Haus, ist die vertragliche Grundlage bei deren Erhalt zu bestreiten. mit der Forderung um Einstellung der Leistung. Musterbriefe gibt es bei der AK.

* Wird der Vertrag nicht bestritten, könnte das Unternehmen klagen und der Richter die Klage mangels Vertragsgrundlage zurückweisen. Für die Richter ist oft entscheidend, wie frühzeitig sich jemand wehrt.

* Bereicherungsverbot: Selbst wer keinen Vertrag abgeschlossen hat, muss für die Leistung, die er beansprucht hat, bezahlen, sofern sie nicht teurer ist als die Leistung des ursprünglichen Betreibers.