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Make Schallplatten great again!

Von Christoph Irrgeher

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Das Geschrei über "Fake-News" ist groß dieser Tage. Aufwiegler würden versuchen, Europas Demokratien durch Desinformation zu untergraben. Wer die Wahrheit suche, brauche Qualitätsmedien.

Nur stimmt leider auch dort nicht alles. Bitte das nicht falsch zu verstehen: Es geht hier nicht um "Lügenpresse". Es gibt aber doch Berichte, die sehr freimütig mit Fakten umgehen. Sie orten dann einen Hype, wo keiner ist. Wie bei der Schallplatte. Die erlebe ein "Riesenrevival", jubelte zuletzt das "ZiB-Magazin". Andernorts las man von einem "Siegeszug". Sieg? Das würde bedeuten, dass sich Vinyl zu alter Größe aufschwingt. Die CD: zertrümmert! Die Streamingportale: verwaist! YouTube: Was ist das?

Stimmt natürlich nicht. Heute ist vor allem das Streaming auf dem Vormarsch, also das Abspielen von Musik direkt über das Internet statt über ein heruntergeladenes File oder eine Scheibe. Nur logisch: Der Großteil der Leute, steht zu vermuten, lässt sich von Musik berieseln; dafür muss man sie nicht besitzen.

Zwar stimmt es: Die Platte ist, als schickes Gegenstück zur Digitalisierung, in die Läden zurückgekehrt; 2015 erzielte sie in Österreich ein Umsatzplus von 30 Prozent. In Wahrheit aber ein Anstieg von "fast nichts" auf "ein bissi": Vinyl setzte 5,2 Millionen Euro um; der gesamte hiesige Musikmarkt 143 Millionen.

Und dennoch schmachten sie, die Verklärer. "Die gute, alte Platte ist wieder da!" Rührend. Sie war ja auch damals da, als diese Schwärmer jung waren und die Zeiten gut. Man kann ihre Sehnsucht schon verstehen, die frei nach Donald Trump lautet: "Make the Schallplatte great again!" Wobei man für diese Restauration auch keine Grenzmauern bräuchte. Etwas mehr Faktentreue wäre aber fein.