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Makrele trennt Brüssel und Oslo

Von WZ-Korrespondent Wolfgang Tucek

Europaarchiv

EU-Fischerei- minister feilen an Zwischenlösung. | Kein Fangstopp für den Kabeljau. | Brüssel. Vor Weihnachten haben die Treffen der EU-Minister, die für Fischerei zuständig sind, Tradition. Tagelang verhandeln sie üblicherweise bis spät in die Nacht. Denn es geht um die Aufteilung einer immer knapper werdenden Ressource im Nordatlantik und der Nordsee unter den großen europäischen Fischfangnationen.


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Rund 80 Prozent der Fischgründe sind nach Ansicht der Welternährungsorganisation FAO bereits überfischt. Die Diskussion der EU-Minister kommt Umweltschützern angesichts solcher Erkenntnisse ohnehin wie eine Themaverfehlung vor. Heuer stehen die Verhandlungen zudem im Schatten des Weltklimagipfels in Kopenhagen, der ins Finale geht.

Ein Zusatzproblem sorgt in Brüssel dafür, dass die bereits seit Montag verhandelnden Minister heuer keinen Abschluss mehr zustande bringen werden. Denn mit Norwegen konnte im Vorfeld des EU-Treffens keine Einigung über die Befischung gemeinsamer Fischbestände erlangt werden. Dabei soll es vor allem um die Makrele, die zwischen den Gewässern der Union und Norwegens wandert, gegangen sein. Oslo habe den vollen Zugang verlangt, wenn die Schwärme sich gerade in EU-Gewässern tummeln, hieß es. Fischereikommissar Joe Borg sei dagegen gewesen.

Sorge um Dorsche

Dieses Patt führt dazu, dass die Fischereiminister diesmal bloß vorläufige Quoten vereinbaren können. Wie viel Prozent davon abgedeckt würden, war der Hauptstreitpunkt bis Dienstagabend. Die EU-Kommission hatte 50 Prozent vorgeschlagen. Kommt nicht in Frage, sagte der deutsche Agrarstaatssekretär Gert Lindemann. Bei manchen Fischsorten fischten die deutschen Fischer schließlich den Großteil der Quote zu Jahresbeginn. Darüber hinaus waren zumindest die Niederlande, Großbritannien, Spanien und Portugal wie üblich nicht mit den Vorgaben der EU-Kommission einverstanden.

So gab es erneut Gezerre um den Kabeljau, für den die Wissenschaftler vom Internationalen Rat für Meeresforschung einen Fang-stopp vorgeschlagen haben, um den Beständen eine Erholung zu gönnen. Offenbar macht sich Borg zwar ernsthafte Sorgen, weil die Dorsche ausbleiben, wie die jungen Kabeljaue heißen. Doch konnte sich die EU-Kommission nur zur Kürzung der aktuellen Quote um ein Viertel überwinden. Erwartungsgemäß wird diese Vorgabe stets noch zu Gunsten der Fangflotten abgeschwächt.

Noch weniger entschieden gingen Borgs Verhandler bei zahlreichen anderen beliebten Speisefischen wie Scholle, Seezunge, Seelachs und Hering ins Rennen. Bei den meisten Fischarten soll eine Reduzierung der Quoten um knapp 15 Prozent erzielt werden. Endgültige Ergebnisse werden diesmal aber erst im Februar erwartet. Im Jänner wollen sich Borgs Verhandler wieder mit den Norwegern treffen und das Makrelen-Problem klären.

Mehr Kontrollen

Langfristig plant die EU-Kommission, die Fischereipolitik grundsätzlich zu reformieren: So soll es verschärfte Kontrollen gegen die Schwarzfischerei geben, die noch einmal auf 40 Prozent der legalen Quoten geschätzt wird. Die Netzmaschen sollen größer werden, um den Beifang zu reduzieren, und Rückwürfe könnten mit großzügigeren realen Quoten eingedämmt werden. Die Diskussionen dazu sind aber noch im Anfangsstadium.