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Mal hü, mal hott

Von Alexander Dworzak

Politik
Mahlzeit: Auch Ikeas Fleischbällchen enthielten Pferdefleisch.
© reu

Pferde-Skandal lässt Österreich und Deutschland bei Herkunftskennzeichnung umschwenken.


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Brüssel/Berlin/Wien. Lautstark tritt Landwirtschaftsminister Nikolaus Berlakovich derzeit auf dem europäischen Parkett auf: "Wir brauchen bei Lebensmitteln mehr Transparenz und klare Herkunftsangaben", so der ÖVP-Politiker beim EU-Agrarministertreffen am Montag in Brüssel. Ein entsprechendes massentaugliches Schlagwort hat Berlakovich auch parat: den "Europäischen Reisepass für Lebensmittel". Angesichts des Skandals um Pferdefleisch, das als Rindfleisch deklariert wurde - 17 der 27 EU-Staaten sind bereits betroffen -, scheinen bisher undenkbare Maßnahmen nicht ausgeschlossen. Denn das Vertrauen der Verbraucher muss zurückgewonnen werden.

Fünf Länder befürworten die EU-weite Herkunftskennzeichnung von verarbeiteten Lebensmitteln: Österreich, Deutschland, Frankreich, Großbritannien und Finnland. Und sie wollen den von der EU-Kommission bis Jahresende vorgesehenen Entwurf zur Verbraucher-Informationsverordnung bereits im Sommer auf dem Tisch haben.

Nicht schnell genug geht es nun Österreich in Deutschland - das war nicht immer so. Ein Antrag des grünen Nationalratsabgeordneten Wolfgang Pirklhuber, der die Herkunftskennzeichnung bereits 2009 einforderte, wurde von SPÖ und ÖVP 2011 abgelehnt. Auch die deutsche Landwirtschaftsministerin urteilte vor zwei Jahren ganz anders über die Herkunftskennzeichnung bei verarbeiteten Produkten, etwa bei Tiefkühl-Lasagne: "Ich glaube, dass eine exakte Herkunftskennzeichnung im Detail nicht machbar ist. Deshalb meine ich auch nicht, dass es für eine verpflichtende Herkunftskennzeichnung eine echte Möglichkeit gibt", sagte Aigner damals bei der Jahrestagung des Bundes für Lebensmittelrecht und Lebensmittelkunde, laut Eigendefinition der "Spitzenverband der deutschen Lebensmittelwirtschaft". "Anscheinend sind die Interessen der Industrie besser geschützt als jene der Verbraucher und erst Eklats wie jener um Pferdefleisch sorgen für eine Kursänderung", kritisiert der Sprecher der NGO Foodwatch, Andreas Winkler, im Gespräch mit der "Wiener Zeitung" Aigners Zick-Zack-Kurs.

Pferde-Faschiertes auchbei Möbelriesen Ikea

Auch vor der weltgrößten Möbelkette Ikea macht die Causa nicht halt. Tschechische Lebensmittelinspektoren haben nun Pferdefleisch in den Schweine-Rindfleischbällchen "Köttbullar" entdeckt. Die entsprechende Charge wurde von einer schwedischen Firma produziert und auch in Italien vom Markt genommen. Laut Ikea-Österreich-Sprecherin Barbara Riedl wurde die Charge ebenfalls in die Slowakei und die Niederlande sowie nach Portugal und Zypern geliefert. Österreich sei derzeit nicht betroffen, dennoch wird "Köttbullar" auch hierzulande vorerst nicht mehr angeboten.

Während der Pferdefleisch-Skandal täglich größere Ausmaße annimmt, steht der nächste Eklat bereits an: Hunderte deutsche Betriebe werden verdächtigt, systematisch die Vorschriften bei der Haltung von Legehennen missachtet zu haben. Wo "Bio" oder "Freilandei" auf der Verpackung stand, handelte es sich wohl um Produkte, die von in Ställen zusammengepferchten Hennen stammen. In Österreich besteht seit Sommer 2012 eine Eierdatenbank; sie umfast aber nur jene Eier verpflichtend, die das AMA-Gütesiegel oder den Vermerk "Tierschutz geprüft" tragen.

Der deutsche Fall zeigt: Selbst bei Kennzeichnung sind die Verbraucher nicht vollständig vor Betrug geschützt.