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Malaysias Opposition ist in Aufruhr

Von Klaus Huhold

Politik

Nationale Front bleibt an der Macht, verliert aber zusehends an Boden.


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Kuala Lumpur. Malaysias Oppositionsführer Anwar Ibrahim war immer schon eine Kämpfernatur: Sechs Jahre saß er im Gefängnis, nachdem er in fadenscheinigen, international heftig kritisierten Prozessen wegen Korruption und Homosexualität, die in Malaysia verboten ist, verurteilt wurde. Trotzdem bot er der Regierungskoalition Nationale Front, die das südostasiatische Land seit seiner Unabhängigkeit 1957 regiert, weiter die Stirn.

Auch nun nach der Parlamentswahl am Sonntag will sich der 65-Jährige, der das Oppositionsbündnis Volksallianz anführt, nicht geschlagen geben. "Diese Wahlen sind uns gestohlen worden", sagte er am Montag in einem Interview des regierungskritischen Nachrichtenportals Malaysiakini. Des Wahldiebstahls bezichtigt Anwar die Nationale Front, die den Urnengang erneut gewonnen hat und nun 133 der 222 Sitze hält, während Anwars Volksallianz auf 89 Mandate kommt.

Schon vor der Wahl war klar, dass die von Premier Najib Razak angeführte Regierungskoalition in dem multiethnischen Staat klar im Vorteil ist: TV-Stationen und Printmedien sind überwiegend regierungsnah. Die Wahlbezirke - es gilt das Mehrheitswahlrecht - sind so zugeschnitten, dass die Nationale Front bevorzugt wird. Denn diese hat ihre Anhänger vor allem in ländlichen Regionen, während in den urbanen Zentren, wo es eine starke Mittelschicht gibt und viele Angehörige von Minderheiten leben, eher die Opposition gewählt wird.

Die Regierungsgegner erheben aber noch weitere Vorwürfe: So soll die Wahl manipuliert worden sein, indem Arbeitsmigranten und Ausländer aus asiatischen Nachbarländern eingeflogen wurden und mit malaysischen Identitätskarten ausgestattet wurden. Zudem wurde an den Zeigefingern der Wähler Tinte angebracht, damit niemand mehr als ein Mal seine Stimme abgeben kann. Doch diese Tinte ließ sich angeblich leicht wieder abwaschen.

Wahlüberprüfung durch öffentliches Tribunal

Das Oppositionsbündnis überlege nun die weiteren Schritte, sagte Anwar. Vor die Gerichte oder die Wahlkommission zu ziehen, wird laut Beobachtern wenig einbringen, da diese viel zu regierungsnahe sind. Die Volksallianz könnte aber auch zu Straßenprotesten aufrufen. Demonstrationen für faire Wahlen mit zehntausenden Teilnehmern hat es in Malaysia bereits in den vergangenen Jahren gegeben, wobei die Sicherheitskräfte immer wieder mit Gewalt reagierten.

"Fraglich ist aber, ob es diesmal den Anlass zu massiven Protesten gibt", sagt der Politologe Andreas Ufen vom deutschen Giga-Institut für Asien-Studien. "Die Wut ist diesmal vielleicht gar nicht so groß, denn die Opposition hat gut abgeschnitten." Die Erwartung, dass Anwars Volksallianz die Wahl gewinnen werde, sei nämlich ohnehin überzogen gewesen, betont der Malaysia-Experte gegenüber der "Wiener Zeitung". Auch die parteiunabhängige Bewegung Bersih, die die Wahl in einem öffentlichen Tribunal überprüfen will, sieht vorerst davon ab, zu Demonstrationen aufzurufen. "Die Bewegung für mehr Demokratie wird aber weitergehen", betont Ufen.

Der umstrittene Wahlsieg ist jedenfalls für die Nationale Front alles andere als ein Triumph. Sie wollte ihre Zwei-Drittel-Mehrheit, die sie bei den Wahlen 2008 verloren hatte, zurückerobern, stattdessen hat sie sieben Sitze eingebüßt. Premier Najib ist angezählt und könnte bald abgelöst werden. Er gehört der von Malaien dominierten größten Partei Umno an. In der Regierungskoalition sind - ebenso wie im Oppositionsbündnis Volksallianz - verschiedenste Bewegungen vertreten, auch einige von Minderheiten.

Für die Regierung ist es ein besonderes Alarmsignal, dass die chinesische Bevölkerung überwiegend die Opposition gewählt hat - dies könnte dazu führen, dass ein Gesetz überdacht wird, das Malaien etwa bei der Vergabe von Studienplätzen und Beamtenposten bevorzugt.