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In Malta hat die katholische Kirche das Sagen. Der Einfluss auf das Privatleben der Menschen ist gewaltig. So ist die Scheidung auch nach dem EU-Beitritt der Mittelmeerinsel nicht erlaubt und dies wurde auch in den Verträgen abgesichert. Dasselbe gilt für die Abtreibung. Nun fordert Maltas Regierungschef Lawrence Gonzi eine Präambel für die EU-Verfassung, in welcher der christliche Ursprung Europas berücksichtigt wird.
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Wenn sich zwei Liebende auf Malta das Ja-Wort geben, dann muss das reiflich überlegt sein. Denn sie dürfen sich nicht mehr scheiden lassen. Doch es wurden andere Auswege ersonnen: So wird eben ein nicht geringer Teil der zerrütteten Ehen annulliert. Wichtig ist dafür, dass die Paare kirchlich geheiratet haben, denn eine rein standesamtliche Ehe kann nicht annulliert werden.
Mittlerweile ist in Malta wieder eine Diskussion über das Thema Scheidung ausgebrochen. Der prominente Familienanwalt Emmy Bezzina will nach der EU-Wahl die Regierung anklagen und damit das Ehe-Gesetz aus dem Jahr 1995, das von den konservativen Nationalisten im Einvernehmen mit der katholischen Kirche verabschiedet wurde, zu Fall bringen. Er hat aus einer Protestbewegung eine neue politische Partei namens "Alpha" gegründet, die sich auch der Wahl stellt. Sein Argument: "Nur wenn man reich ist, kann man sich eine Scheidung leisten." Denn viele fahren eben zum Zweck der Trennung ins Ausland, nur dann wird sie nämlich gesetzlich anerkannt.
Dasselbe gilt für die Abtreibung, die unter Strafe untersagt ist. Doch die Eingriffe ins Privatleben gehen sogar noch weiter: So sind uneheliche Kinder gegenüber ehelichen rechtlich benachteiligt und homosexuelle Beziehungen sind ebenfalls verboten. Für Bezzina besteht die Crux darin, dass in diesen entscheidenden Fragen auch den oppositionellen Sozialisten der Mut fehlt, Gegenposition zum bestehenden Recht zu beziehen. Tatsächlich reagiert Sozialisten-Frontman Alfred Sant auf die Frage, ob er für die Beibehaltung des Scheidungsverbots ist, überaus zurückhaltend: "Wir haben in unserem Manifest von 1998 ein Referrendum dazu vorgeschlagen, doch bisher hat das Thema niemand aufgegriffen."
Wie das Engagement von Bezzina beweist, ist das nicht der Fall. Vor allem die jungen Malteser wollen von diesen Fesseln befreit werden. Für Bezzina, der gleiche Rechte für Männer und Frauen einfordert, verstösst das Verbot gegen EU-Recht. Er will die Angelegenheit bis zur letzten Instanz durchfechten.
Premier Gonzi sieht die Sache naturgemäß anders: "Jeder Staat hat seine speziellen Werte." Er ist viehlmehr erleichtert, dass sein dringender Wunsch den christlichen Ursprung Europas in der EU-Verfassung zu berücksichtigen, beim derzeitigen EU-Ratsvorsitzenden Bertie Ahern Gehör gefunden hat. Ahern sicherte zu, es werde diesbezüglich eine Präambel zur Verfassung geben.