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Mamma mia, Wagner in der Scala!

Von Edwin Baumgartner

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Mamma mia, welch eine tragedia! Die Eröffnung der Scala-Saison mit einem compositore tedesco, einem deutschen Komponisten: Riccardo Wagner statt Giuseppe Verdi! Der Direktor der Mailänder Scala, Stéphane Lissner wagt es, "Lohengrin" anzusetzen statt einer Verdi-Oper. Mehr braucht er jetzt nicht mehr, der francese.

Ein paar irregeleitete Claqueure, die sich da in musikalischen Nationalismus verrennen? - Keineswegs! Die durch und durch seriöse Mailänder Tageszeitung "Corriere della Sera" empört sich: "Hätten die Deutschen das Wagner-Jahr mit einer Verdi-Oper eröffnet?" Und der italienische Präsident Giorgio Napolitano bleibt der Premiere fern - freilich allein wegen politischer Verpflichtungen, wie er dem Scala-Musikdirektor Daniel Barenboim brieflich versichert.

Sogar das Blut des Stardirigenten Riccardo Muti gerät in Wallung: "Als Italiener, nicht als Musiker, schlägt mein Herz für Verdi." Und gewiss nicht für das Geschehen an der Scala, seit seinem unsanften Abgang im Jahr 2005. Lissner sieht sich gar gezwungen, gegen den Vorwurf aufzutreten, er germanisiere die Scala.

Die Lehre, die man daraus zieht, ist, dass Europa noch so zusammenwachsen mag: Kaum geht’s um nationale Idole, steht jeder Staat für sich. Andererseits ist es bewunderungswürdig, dass in Italien heute noch über die Vorzüge von Wagner und Verdi gestritten werden kann.

Und ganz sicher ist, dass Lissner niemals irgendeine Funktion bei den Bayreuther Festspielen bekleiden wird, denn wer zur Scala-Eröffnung "Lohengrin" spielt, ist imstande und spielt auf dem Grünen Hügel "Nabucco".