Experten sehen schlechte Kommunikation als Ursache für Ängste und Unzufriedenheit.
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Wien. Das seit Anfang des Jahres österreichweit laufende Brustkrebs-Screeningprogramm zur Früherkennung hat einiges an Kritik einstecken müssen. Doch nun scheint es immer besser anzulaufen. Namhafte Experten zeigten am Donnerstag sowohl Stärken als auch noch bestehende Schwachstellen auf. "Damit die gewünschte Systemveränderung greifen kann, muss man die Frauen gut informieren", forderte die Radiologin Alexandra Resch, Vizepräsidentin der Österreichischen Gesellschaft für Senologie (ÖGS), bessere Kommunikationsmaßnahmen ein. Denn noch würden sowohl in der Bevölkerung als auch in der Ärzteschaft Informationslücken bestehen.
Tatsache ist, dass im Rahmen des Programms jede Frau im Alter zwischen 45 und 69 alle zwei Jahre von der Sozialversicherung schriftlich zur Mammografieuntersuchung eingeladen wird. Ob sie dieser Einladung zum Radiologen Folge leistet, soll und kann sie selbst entscheiden. Die Experten sprechen hierbei von einem Kulturwandel im Gesundheitssystem hin zu mehr eigenverantwortlichem Handeln.
Die Einladung fungiere nur als Erinnerungsschreiben. Die der genannten Gruppe zugehörigen Frauen könnten jedoch auch selbständig mit ihrer E-Card ein Diagnosezentrum aufsuchen. Die E-Card wird dazu alle zwei Jahre für die Mammografie freigeschalten. Über Untersuchungsmodalitäten bei Verdachtsfällen entscheidet in der Regel der Arzt.
Sowohl Frauen über 69 als auch unter 45 können sich freiwillig für das Programm anmelden, um ebenso eine Freischaltung der Karte erwirken und damit frei über den Untersuchungszeitpunkt entscheiden zu können.
Vor dem 45. Lebensjahr sei eine solche hingegen nur selten zielführend, betonte der Chirurg Rupert Koller vom Wiener Wilhelminenspital. Denn vor der Menopause, die üblicherweise zwischen dem 45. und 50. Lebensjahr eintritt, sei das Brustgewebe noch sehr dicht und damit praktisch nur schwer einsehbar.
Außerdem weise das Gewebe der jüngeren Brust eine erhöhte Strahlensensibilität auf. "Die Hormone sind aktiver, die Zellen teilen sich schneller" und die Röntgenstrahlung könnte eine schädigende Wirkung hervorrufen, erklärte ÖGS-Präsidentin Angelika Reiter. Häufige Mammografien in jungen Jahren würden somit das Brustkrebsrisiko erhöhen. Das Abtasten der Brust und der Ultraschall stehen hier für die Früherkennung als Untersuchungsmethoden im Vordergrund.
Bei jungen Risikopatientinnen - wo etwa familiär gehäuft Brust- oder Eierstockkrebsfälle auftreten - raten Experten auch zusätzlich zu einer genetischen Abklärung.
Im Jahr 2011 wurden von Jänner bis Anfang August in ganz Österreich insgesamt 430.750 Mammografien durchgeführt. Im gleichen Zeitraum 2014 waren es hingegen 350.193 Frauen, die sich dieser Untersuchung unterzogen haben. Wobei nur 20 Prozent der über das Screening-Programm Eingeladenen auch zur Mammografie erschienen sind. Eine Quote von 70 Prozent sei sinnvoll, um einen Effekt erzielen zu können - nämlich die rechtzeitige Früherkennung, so die Experten.
Auch fordert Michael Gnant, Leiter des Brustgesundheitszentrums am AKH Wien, eine genaue Dokumentation der Behandlungsdaten. "Ich habe Sorge, ob wir, so wie das Programm jetzt aufgestellt ist, in 20 Jahren bestätigen können, dass wir damit Leben retten können." Durch das Screening sollen mindestens 90 Prozent der Karzinome in einem möglichst frühen Stadium entdeckt werden.