Gesundheitsministerin Andrea Kdolsky im Interview. | "APA": Dank der modernen Akutmedizin überleben immer mehr Menschen schwere Erkrankungen. Frau Minister Kdolsky, wie bewerten Sie die Entwicklung der Lebenserwartung in Österreich?
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Andrea Kdolsky : Wichtig ist mir als Gesundheitsministerin, dass die Menschen diese gewonnenen Lebensjahre auch in einem möglichst guten Gesundheitszustand verbringen können. Allerdings muss sich die Gesellschaft darauf einstellen, dass auf Grund des demographischen Wandels der Anteil älterer, hilfsbedürftiger Menschen weiter steigen wird. Ein wichtiger Ansatz für ein gesundes Altern ist deshalb die Prävention schon vom Kindesalter an und Rehabilitation bei älteren Menschen. Die geschlechts- und altersspezifischen Gesundheitspässe sowie die neue, kostenlose Vorsorgeuntersuchung sind dabei wichtige Schritte.
Was müsste getan werden, um den positiven Trend weiter anhalten zu lassen? Was heißt das für die Gesundheitspolitik?
Der Vorsprung von Frauen in der Lebenserwartung wird geringer. Frauen müssen derzeit in einem Alter von 65 Jahren mit 13 weiteren Lebensjahren mit Einschränkungen im täglichen Leben aufgrund des Gesundheitszustandes rechen, Männer mit 9,6 Jahren. 18,6 Prozent der Frauen und 12,1 Prozent der Männer in Österreich sind im Alter von 65 Jahren und älter - Tendenz steigend. Frauen sind somit in den älteren Bevölkerungsgruppen überrepräsentiert und dadurch von altersbedingter Multimorbidität stärker betroffen. Für die Gesundheitspolitik bedeutet das einerseits Motivation zu einem bewussten, aktiven Lebensstil und lebensbegleitenden, regelmäßigen Vorsorgeuntersuchungen. Früherkennung ist der einzige Weg, um typische Zivilisationskrankheiten wie Diabetes oder Bluthochdruck bzw. die gefährlichen Folgen schon im Anfangsstadium zu erkennen und zu verhindern.
In der Vorsorgemedizin bzw. in der Früherkennung werden seit Jahren drei erweiterte Maßnahmen gefordert, zum Beispiel ein flächendeckendes Screening-Programm für Frauen auf Brustkrebs, die Koloskopie für beide Geschlechter ab 50 und die einfach durchzuführende Lungenfunktionsprüfung für Raucher (COPD). Was ist machbar?
Als Gesundheitsministerin ist es mir ein wichtiges Anliegen, in Österreich ein Mammographie-Screening-Programm nach einheitlichen Qualitätskriterien zu implementieren. Die Früherkennung von Brustkrebs soll damit signifikant verbessert werden. Jährlich erkranken 4700 Frauen in Österreich an Brustkrebs, 1600 Frauen sterben an dieser Krankheit. Das flächendeckende Mammographie-Programm soll die Heilungschancen um bis zu 90 Prozent verbessern. Im Auftrag meines Ressorts hat das Österreichische Bundesinstitut für Gesundheitswesen ein Konzept für Pilotprojekte ausgearbeitet, welche in Burgenland, Vorarlberg, Wien, Oberösterreich und Salzburg im Zeitraum 2006 bis 2008 durchgeführt werden. Das Konzept sieht eine Einladung aller Frauen zwischen 50 und 69 Jahren zum Mammographie-Screening im Abstand von jeweils zwei Jahren vor.
Der Weltgesundheitstag 2007 steht unter dem Motto "Gesund bleiben - Sich vor Infektionskrankheiten schützen". Hat dies auch für Österreich Bedeutung?
Die Grundimmunisierung für Kinder wurde durch rasante Verbesserungen der am Markt befindlichen Produkte von einer anfänglichen Diphtherie-Tetanus-Hib-Impfung über mehrere Zwischenstufen in die derzeit verwendete Sechsfachimpfung gegen Diphtherie-Tetanus-Pertussis-HiB-IPV und Hepatitis B übergeführt. Die Verwendung des Sechsfachimpfstoffes stellt eine wesentliche Konsolidierung des nationalen Impfkonzeptes dar, die es ermöglicht, mit einem Minimum an Stichen möglichst viele Kinder gegen sechs Krankheiten gleichzeitig zu schützen. Auch bei der Hepatitis B-Impfung wurden wesentliche Anstrengungen von Seiten des Bundes unternommen, um die von der WHO empfohlenen Impfung zu forcieren. Insbesondere in den Jahren 1998, 1999 und 2000 wurden erhebliche Mengen an Nachimpfungen für Jahrgänge angeboten, die noch nicht gegen Hepatitis B geimpft waren.
Wie sieht die Zukunft der von der öffentlichen Hand bezahlten Kinderimpfungen aus?
Es ist damit zu rechnen, dass die Sechsfachimpfung auch längerfristig die Basisimpfung darstellen wird. Das Gesundheitsministerium wird weiterhin bemüht sein die hohe Beteiligung aufrecht zu erhalten - mit dem Ziel einer hundertprozentigen Durchimpfung aller Kinder mit mindestens drei Dosen der Vakzine. Im Laufe des Jahres 2007 wird die Schluckimpfung gegen Rotaviren in des Gratis-Impfprogramm für Kleinkinder genommen sowie die Pneumokokken-Impfung für Risikopatienten.
Wo gibt es Lücken?
Impflücken bestehen abseits des guten Kinderimpfprogramms vor allem bei Erwachsenen. Jeder Arztbesuch sollte dazu genutzt werden, um zu prüfen ob die letzte Auffrischung nicht länger als zehn Jahre zurückliegt. Als Produkte stehen auch hier Kombinationsprodukte gegen Hepatitis A/B und gegen Diphtherie, Tetanus, Pertussis und Polio zur Verfügung."
Sie haben angekündigt, dass man auch für die Human Papilloma Virus (HPV)-Impfung zur Verhütung von Gebärmutterhalskrebs einen Weg finden könnte.
Dies wird von weiteren Studienergebnisse über die langfristige Immunisierung sowie die Bereitschaft der Industrie zur Kostenreduktion abhängen. In der Folge ist eine Aufnahme ins Impfprogramm von den Verhandlungen mit den involvierten Finanzierungspartnern abhängig. Der HPV-Impfstoff wirkt nur bei 70 Prozent der Krebs verursachenden HP-Viren.