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liest man heute in der Wiener Zeitung.
Im Konkreten geht es um den Beitrag der Kommunen zur CO2-Reduktion, in deren Zusammenhang der Münchner Oberbürgermeister laut über ein flächendeckendes Fahrverbot für Dieselfahrzeuge nachgedacht hat.
Wenn der Tag lang ist, reden die Leute viel. Und wenn Wahlkampf ist, versprechen die Politiker viel. Früher witzelte man, Politiker-Versprechen seien eben Versprecher. Heute werden Wahlkampfansagen unverblümt als Wahlkampfdonner abgetan.
Natürlich könnte man Häupls Aussage auch anders deuten. Im Wahlkampf stünde der Oberbürgermeister einerseits unter erhöhtem Druck, hätte aber andererseits mehr innerparteiliche Unterstützung, ungeliebte aber gute Anordnung zum Wohle seiner Bürger zu treffen.
Die meisten Wähler werden sich aber gefrotzelt fühlen. So wie durch die spontane Pensionserhöhung in Österreich für niedrige Pensionen. Die bekommen statt der ursprünglich vorgesehenen 1,6 % nun 2,2 %. Der Unterschied (die außerordentliche Erhöhung!) macht bei einer Bruttopension von 1.200,-- Euro 7,20 brutto aus. Ein Betrag, der durch eine Gebührenerhöhung, die zu höheren Betriebskosten führt, locker aufgebraucht wird. Daher ist ein Stimmentsunami für die Regierungsparteien nicht zu erwarten.
Wir leben in der Zeit der Syndrome. Vielleicht wird es bald das Macron-Syndrom geben: Ein Wunderwuzzi wird gewählt, um als Ein-Mann-Show, als Solist, in einigen Wochen alles zu verbessern. Das Macron-Syndrom könnte das Entstehen und vor allem die Wirkung der kollektiven Wunschvorstellung, ein Kreuz auf einem Stimmzettel würde die Welt retten, untersuchen und beschreiben.
Und das Macron-Syndorm könnte die Gefahr, in der sich unsere Demokratie befindet, aufzeigen: Obwohl die Wählerschaft weiß, was Wahlkampfansagen wert sind, werden gegen jede Vernunft Personen, deren bisheriger Lebensweg eigentlich das Gegenteil befürchten lassen, zu weißen Rittern oder holden Damen hochstilisiert. Das Macron-Syndrom könnte auch als eine Unterform des Stockholm-Syndroms, bei dem sich die Geiseln ihre Geiselnehmer selbst aussuchen, gesehen werden.
Brecht wird der Ausspruch, "nur die dümmsten Kälber wählen ihre Schlächter selber", zugeschrieben. Und trotzdem glaube ich, auch Brecht hätte für Macron wahlgekämpft.