Berlin, Wien oder Silicon Valley? Start-ups auf Kontaktsuche.
Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 11 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.
Wien. Angela Feiner und Vincenz Leichtfried wissen, wovon sie sprechen: Beide IT-Unternehmer haben im Rahmen des Wirtschaftskammer-Programms "Go Silicon Valley" einige Zeit am Ground Zero der US-Hi-Tech-Industrie verbringen können. Die Kontakte zu anderen Entrepreneuren, Entwicklern und Investoren haben sich für die beiden österreichischen Entrepreneure ausgezahlt: Feiner von Eleven Digital Solutions konnte eine Partnerschaft mit der für ihre Innovationen gefeierten Notizlösungsfirma Evernote knüpfen, Leichtfried konnte seinen Horizont erweitern und ein wenig von dem Spirit des Jungunternehmer- und Start-up-Mekkas Silicon Valley mitnehmen.
Die beiden sprachen beim "E-Day" der Wirtschaftskammer, bei dem es darum ging, Entrepreneure und Start-up-Unternehmer zusammenzubringen.
Paddy Cosgrave, Organisator des Web-Summit und des Entrepreneur-Elitenzirkels "F.ounders" - dem "Davos für Geeks" - rät österreichischen Start-ups, möglichst rasch die heimischen Gefilde zu verlassen und Partner und Märkte außerhalb der Landesgrenzen zu suchen. Cosgrave erzählt von zwei sehr erfolgreichen IT-Unternehmen im Südwesten Irlands, "die sind in einem kleinen Kaff, da gibt’s nur Schafe und Hügel, und auch dort kann man erfolgreich sein" - solange man gut vernetzt sei. Vielfach sei es sogar ein Vorteil, nicht nach Berlin, London, New York oder Silicon Valley zu ziehen, weil dort die Konkurrenz um die besten Köpfe immens sei.
Gerald Bäck von Archify ist freilich mit seinem Unternehmen nach Berlin gezogen: Die Stadt an der Spree wird derzeit bei vielen Beobachtern der Hi-Tech-Szene als das Paradies gehandelt. Dies vor allem deshalb, weil es jede Menge junger Entwickler und Designer in die hippe deutsche Hauptstadt zieht und die Mieten erschwinglich sind. "Während man in London Stunden von seiner gerade noch leistbaren Wohnung irgendwo an der Peripherie ins Büro braucht, kann man in Berlin mitten in der Stadt wohnen", sagt Bäck. Ein wenig Hype sei schon dabei, wenn es um Berlin gehe, "aber man muss den Hype eben reiten", meint er.
Mike Borras von Tupalo Internet-Services kommt ursprünglich aus den USA und ist nach Wien gezogen, um von hier aus den Weltmarkt zu erobern. "Die Wiener Hi-Tech-Szene hat sich gerade in den vergangenen Jahren sehr gut entwickelt. Beim Pioneers-Festival treffen sich die Entrepreneure der Region, und langsam wächst ein Ökosystem von Innovatoren, Investoren, Co-Working-Spaces und Inkubatoren zusammen." Auch wenn Bäck einwirft, dass Wien puncto Investoren mit London oder Berlin nicht mithalten könne, die potenziellen Financiers seien in Österreich viel zurückhaltender.
Cosgrave streicht die Wichtigkeit des Bildungssystems für die Konkurrenzfähigkeit einer Volkswirtschaft hervor: Während Deutschland, Österreich, die skandinavischen Länder und die Niederlande über einen Pool an in Natur- und Ingenieurswissenschaften ausgebildeten Fachkräften verfügten, sei das in Griechenland oder Spanien nicht der Fall. "Deshalb haben die einen Erfolg und die anderen nicht."