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Man redet wieder über Wissenschaft

Von Heiner Boberski

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Der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAW) haben zwei prominente Mitglieder unter Protest den Rücken gekehrt: die Molekularbiologin Renée Schroeder und der Ökonom Gunther Tichy. Die Vorwürfe Schroeders beziehen sich unter anderem auf die Aufnahmen in die ÖAW, bei denen die Junge Kurie nichts mitzureden habe und politische Einstellungen wichtiger seien als wissenschaftliche Exzellenz. Tichy kritisiert vor allem die Verschleppung von Reformen und die "Redimensionalisierungspolitik", die ÖAW sei "zum Spielball anderer Interessen geworden".

Während nun Bundespräsident Heinz Fischer als ÖAW-Schirmherr einen Dialogprozess für nötig hält, bestärkt Wissenschaftsminister Karlheinz Töchterle die ÖAW-Führung in ihrem Reformkurs, ohne auf die Austritte einzugehen. ÖAW-Präsident Helmut Denk weist die Kritik "aus dem Hinterhalt" zurück, Mitglieder würden nur aufgrund ihrer Leistung aufgenommen. Sein Vize Arnold Suppan nennt den Vorwurf, man habe Reformen verschleppt, "das Dümmste vom Dummen", vielen gingen die Reformen viel zu schnell.

Der Streit der Gelehrten hat ein Gutes: Man spricht wieder über Wissenschaft, ihre Qualität und ihre Dotierung. Und man spricht darüber, dass die Jungen in der ÖAW nicht weniger Mitsprache haben sollen als die Alten. Wenn sich die römisch-katholische Kirche dazu aufgerafft hat, den über 80 Jahre alten Kardinälen das Recht zur Papstwahl zu entziehen, so wird es doch hoffentlich auch der ÖAW gelingen, den Einfluss der - durchaus verdienstvollen - Emeriti auf ein vertretbares Maß zu reduzieren.