Finanzkrise fordert neues Verhalten von Führungskräften. | Jetzt die Talente fördern - aber gezielt. | Wien. Mit dem Extrembergsteigen vergleicht der Baustoff-Unternehmer Wolfgang Kristinus die aktuelle Lage vieler krisenbetroffener Manager. Je steiler es werde, desto mehr komme es auf den sozialen Zusammenhalt im Team an. Auf das Geschäftsleben umgelegt: "Zuversicht und Vertrauen sind in der Wirtschaftskrise wichtiger, als mit Gewalt an der Erreichung von Zahlen festzuhalten und diese ständig zu messen", sagt Kristinus, Hobbysportler und Chef der Baustoff und Metall GmbH.
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Billig wie noch nie
Der Unternehmer glaubt, dass man in der Krise Mut für Neues braucht. In diesem Sinne baut er auf Expansion. In der Baubranche könnte ein Sanierungs-Boom die Verluste bei Neubauten wettmachen, so seine Rechnung. "Wir erleben jetzt international einen Zulauf an kompetenten Mitarbeitern", schildert Kristinus. Die Gehälter seien wieder leistbar geworden. Und auch Maschinen sowie die besten Lager gebe es extrem billig zu kaufen.
Was sich allerdings derzeit in den Managementetagen abspielt, beschreibt der Bauunternehmer als "blanke Panik". Panik wegen Erfolgsdruck, Innovationsdruck und Entscheidungsdruck. Um die herrschende Ausnahmesituation erfolgreich zu meistern, legen Personalberater den verunsicherten Führungskräften ans Herz, sich zu allererst selbst wieder mit der Situation zurechtzufinden.
"Nur wer sich wieder selbst vertraut und mit sich im Klaren ist, kann Vertrauen in der Belegschaft herstellen", erklärt Katharina Fischer-Ledenice, Leiterin des Weiterbildungsinstituts Hernstein. Weiters müssten gerade in Krisenzeiten die Mitarbeiter offen und häufig informiert werden, appelliert sie. Mit dem Nachsatz: Ein Seminar zum Thema "Verkünden von schlechten Nachrichten" oder "Soziale Kompetenz" könne dabei nicht schaden.
"Es braucht jetzt Führungskräfte, die mit den Augen der Mitarbeiter die Welt zu sehen versuchen", ergänzt der Management-Trainer Hans-Joachim Brüggemann von der Bonner Akademie.
Rambo oder Softie?
Neben den wirtschaftlichen Sorgen liegt den Führungskräften derzeit noch ein anderes Thema im Magen: "Wie verhält man sich ethisch korrekt? Was ist legitim, auch wenn noch gute Renditen da sind?", fragen sich die Chefs.
Um ein Vorbild zu sein, müsste jede Führungskraft Signale setzen und darüber mit der Belegschaft sprechen, rät Fischer-Ledenice. Beispiele dafür: Selbst die Kunden besuchen, auf Taxifahrten verzichten oder nach der Dienstreise keinen Privaturlaub anhängen.
Wie stark der Sparstift in den Betrieben angesetzt ist, bekommt auch die Weiterbildungsbranche zu spüren. Fischer-Ledenice spricht von einer zweigeteilten Welt: "Es gibt einerseits Unternehmen, da sind die Budgets eingefroren. Gespannt wartet man die Jahresmitte ab." Und dann gebe es Ausreißer, die erkannt haben, dass gerade in schwierigen Zeiten die Investition in Menschen nicht gekürzt werden darf.
Talentmanagement lautet das Schlagwort, das Brüggemann mit auf den Weg gibt. Gerade jetzt müsste man den Nachwuchs fördern. 60 Prozent sollten dabei aus dem eigenen Betrieb kommen, 40 Prozent von außen - quasi als Ideenbringer. Gefragt seien keine Rambos, so Brüggemann, sondern Mitarbeiter, die kreativ sind und anpacken.