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Manager-Kritik an Industriepolitik

Von Brigitte Pechar

Politik

Der Industrielle Josef Taus rät der Regierung: "Holt euch Experten und macht ein neues ÖIAG-Gesetz."


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Wien. Man stelle sich vor: Da gibt es einen großen Mischkonzern mit Beteiligungen an diversen Industriebetrieben - von der Telekom Austria bis hin zur OMV. Der Eigentümer nimmt allerdings seine eigenen Interessen nicht wahr, er vermeidet sogar jeden Anschein, dort überhaupt Interessen zu haben geschweige denn, sie durchsetzen zu wollen. Was hält man von einem solchen Eigentümer? Entweder er ist so reich, dass ihn das Vermögen, das in diesem Konzern konzentriert ist, nicht einmal interessiert, oder er vernachlässigt sein Eigentum.

Im Fall der ÖIAG, der Österreichischen Staatsholding AG, handelt es sich um einen Mischkonzern. Der Staat hat dort - nicht seine gesamten - Industriebeteiligungen geparkt: Post AG (52,85 Prozent), OMV (31,5 Prozent), APK Pensionskasse Aktiengesellschaft (29,6 Prozent), Telekom Austria (28,42 Prozent), Vamed (13 Prozent). Darüber hinaus sind in der ÖIAG noch die nicht börsenotierten Bergbau Holding GKP (100 Prozent) und die Fimbag ("Banken-ÖIAG", 100 Prozent).

Ende 2013 lag die Marktkapitalisierung der Staatsbeteiligungen in der ÖIAG bei 5,6 Milliarden Euro, ein Jahr davor bei 4,7 Milliarden Euro. Immerhin, kein ganz unwichtiges Vermögen. Das

Selbstbestellung des Aufsichtsrats

Dass der Staat seine Verantwortung nicht wahrnimmt, liegt in dem im Jahr 2000 unter der ÖVP-FPÖ-Regierungskoalition beschlossenen ÖIAG-Gesetz. Damals wurde die Bestellung des Aufsichtsrates der ÖIAG - anders als im Aktiengesetz - so geregelt, dass die Mitglieder des Aufsichtsrates nicht von der Hauptversammlung bestellt werden, sondern für eine einmalige Periode von acht Jahren von den Aufsichtsratsmitgliedern selbst ausgewählt werden. Diese Regelung wurde gewählt, um den parteipolitischen Einfluss zurückzudrängen oder auszuschließen.

"Ich halte das nicht für gescheit", sagt der Industrielle Josef Taus zur "Wiener Zeitung". Taus war von 1967 bis 1975 Aufsichtsratsvorsitzender der ÖIG beziehungsweise der ÖIAG und hat am ersten ÖIG-Gesetz beziehungsweise ÖIAG-Gesetz mitgearbeitet. Damit trifft er sich in seiner Kritik mit Brigitte Ederer, der früheren SPÖ-Europa-Staatssekretärin und späteren Siemens-Managerin, die quasi als einzige Kapitalvertreterin die rote Reichshälfte im ÖIAG-Aufsichtsrat vertritt. Sie würde das System der Selbsterneuerung des Aufsichtsrats ändern, sagte sie im "Kurier".

Taus: Verletzung des Konzepts des Aktiengesetzes

"Der Staat ist Aktionär - das muss man akzeptieren. Und welcher Aktionär lässt es sich nehmen, den Aufsichtsrat zu nominieren? Das ist eine prinzipielle Verletzung des Konzepts des Aktiengesetzes." Taus empfiehlt der Regierung, von jeder Partei einige gute Leute zu betrauen, ein Konzept für die ÖIAG zu erstellen. "Wenn man ein Gesetz machen will, müssen sich drei bis vier Leute zusammensetzen, die wissen, was eine Industrie ist, was eine Firma ist. Diese Persönlichkeiten sollen eine Punktation machen." Das sei in vier bis fünf Wochen machbar. Dann müsse die Politik entscheiden, ob dieses Konzept in einen Gesetzesvorschlag gegossen und in den Nationalrat eingebracht wird.

Wichtig sei, dass diese Personen viel Erfahrung aus dem Wirtschaftsleben mitbringen, möglichst selbst große Unternehmen geleitet haben, sagt Taus. Und er fügt kritisch hinzu: "Heute werden Wirtschaftsgesetze von Leuten gemacht, die keine Stunde ihres Lebens in einem Unternehmen gearbeitet haben."

Ein neues ÖIAG-Gesetz wird seit mehr als zwei Jahren diskutiert, ursprünglich wollte die Regierung ein solches noch vor der Sommerpause im Nationalrat einbringen. Der Nationalrat tagt diese Woche bis Donnerstag vor dem Urlaub - eine ÖIAG-Gesetzesnovelle steht nicht auf der Tagesordnung.

Ursprünglich, so Taus, also in den 1970er Jahren, sei die Idee gewesen, die verstaatlichte Industrie nicht zu privatisieren, sondern über den Markt zu finanzieren. Jetzt müsse sich die Regierung zuerst einmal die Frage stellen: Was ist das Ziel? Das muss man genau überlegen, was will man machen, welche Beteiligungen sollen hinein?" Die Idee, Landesenergieversorger in die ÖIAG zu holen, werde aber sehr wahrscheinlich an den Landeshauptleuten scheitern - und zwar jedweder Coleur.