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Manager oder Anschaffer?

Von Bernhard Baumgartner

Leitartikel

Im ORF tut eine Versachlichung der schrillen Debatte not.


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Wenn man einige Bestellungen des ORF-Generaldirektors journalistisch begleitet hat, erkennt man so manche Rituale. Etwa die schrillen Schreie über eine "Orbanisierung", oder dass "die Demokratie mit Füßen getreten wird", wie in einem Wochenmagazin zu lesen war. Wenig erstaunlich (siehe Ritual) ist, dass die Schreie immer dann besonders schrill ertönen, wenn der vermeintliche Favorit kein Sozialdemokrat ist. So ist es auch diesmal. ORF-Vizefinanzchef Roland Weißmann, der heute wohl das Rennen machen dürfte, wird dem politischen Umfeld der ÖVP zugeordnet. Somit dürfte ein Türkiser den Sozialdemokraten Alexander Wrabetz ablösen, der nach rekordverdächtigen 15 Jahren an der Spitze des ORF keine Mehrheit im entscheidenden Gremium, dem durchwegs politisch besetzten Stiftungsrat, mehr hinter sich hat.

Dass die Regierungsparteien in der Regel eine Mehrheit im ORF-Stiftungsrat haben, war im Übrigen immer schon so. Es ist auch keine österreichische Eigenheit. In jeder öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalt von der BBC abwärts bestimmen die Eigentümervertreter mittelbar das Management. Ist das bei der BBC oder im ZDF also ebenso eine "Orbanisierung"?

Da stellt sich doch die Frage: Was wäre denn die Alternative? Gerne genannt wird dabei ein Leitungsgremium, das sich immer wieder aus sich heraus ergänzt, ohne dass gewählte politische Mehrheiten darauf Einfluss hätten. Das würde eine herrschende Konstellation dann für alle Zeiten festschreiben. Praktisch, wenn es eine nach den eigenen Vorstellungen ist. Aber ist das dann wirklich demokratischer? Oder besteht da nicht die Gefahr einer gewissen Verselbständigung, die auch dann nicht mehr von außen korrigiert werden kann, selbst wenn sie offensichtlich aus dem Ruder läuft? Wäre nicht genau das dann das genaue Gegenteil von Demokratie? Wie im Übrigen auch eine geheime Wahl im Stiftungsrat. Warum es demokratischer sein soll, wenn die Bürger das Stimmverhalten ihrer eigenen Vertreter im Gremium nicht mehr erfahren sollen, ist schleierhaft.

Klar ist: Alle nominierten Kandidaten verfügen über jahrelange Erfahrung und Kompetenz, auch wenn man hochkarätige Bewerbungen von außerhalb des ORF vermisst. Ein Kochen im eigenen Saft ist leider nie gut. Dennoch: Der Job ist den Bewerbern zuzutrauen. Dass man nach 15 Jahren und angesichts schwieriger Zeiten und anstehender digitaler Herausforderungen eine Veränderung vornimmt, kann man natürlich immer als reine politische Willkür auslegen. Man kann es auch als Versuch interpretieren, den Problemen eines in Teilen der Publikumsakzeptanz schwächelnden ORF mit etwas anderem als noch mehr "Business as usual" entgegenzutreten.