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Manager zu verborgen

Von Rosa Eder

Wirtschaft

Christa Morpurgo "verleiht" Manager. Oder genauer gesagt: Sie bringt Unternehmen zusammen, die ihre Personalressourcen untereinander nutzen wollen. Die Geschäftsführerin des gemeinnützigen Vereins Passerelle dient dabei als Anlaufstelle für Firmen oder Organisationen, die Manager bzw. Spezialisten her- bzw. ausborgen wollen.


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Die Grundidee für Passerelle (franz.: "kleine Brücke") stammt aus Frankreich. In Österreich wurde die Vereinigung 1995 durch Alcatel Austria, Herold Business Data AG, Pendl & Piswanger, Siemens Österreich AG sowie dem Rechtsanwalt Dr. Gruber gegründet. Der Verein zählt bereits über 30 Mitglieder (darunter u.a. die BUWOG, Nah und Frisch, die Oesterreichische Nationalbank, die Palfinger AG, die Salinen Österreich, der Verbund und die Wiener Holding) und es wurden bereits über 60 Projekte abgewickelt, erzählt die Juristin und Soziologin Morpurgo, die früher Betriebsbetreuerin beim Arbeitsmarktservice war, im Gespräch mit der "Wiener Zeitung".

Know-how einbringen

Einmal ein paar Tage in einer anderen Firma zu arbeiten und dort sein Know-how einzubringen, kann eine wertvolle Berufserfahrung sein. Peter Pobinger, Leiter des Controlling in der voestalpine AG, kam über den Verein Passerelle bei der Gesiba und bei den Barmherzigen Schwestern (Spitäler) zum Einsatz und stellte seine Arbeitskraft bei der Verbesserung des Planungs- und Controlling-Systems zur Verfügung. Obwohl sehr zeitaufwendig, habe er gerne geholfen und von dieser Tätigkeit profitiert, sagt Pobinger. Einmal zu sehen, wie es anderswo "zugeht", sei eine Erweiterung des Horizonts. "Mal rauskommen, mal etwas anderes machen" - Wer sich fachlich und persönlich weiterentwickeln will, findet als "Manager auf Zeit" das, was er sucht: Lernen in einer realen Umwelt.

Auch das "aufnehmende" Unternehmen, sprich: jenes, das sich einen Manager ausborgt, zieht einen wertvollen Nutzen aus dem Projekt: Ein externer Manager sei nicht mit "Betriebsblindheit" geschlagen und agiere daher unbefangener, betont Morpurgo. Und da der ausgeborgte Manager selbst aus einem Unternehmen komme, kenne er die kleinen, oftmals trivialen Dinge im Betriebsablauf, von denen etwa ein Unternehmensberater wenig Ahnung habe. Pobinger kann dem nur beipflichten. Er habe oft mit sogenannten "McKinseys" zu tun, die vom operativen Geschäft wenig wüssten.

Unterstützung von Vollprofis

Christoph Preimesberger von den Salinen Österreich hatte das Glück, beim Aufbau einer internen Revision von einem Vollprofi unterstützt zu werden: Die Salinen "borgten" sich über den Verein Passerelle Norbert Plhak vom Verbund. Der im Vorruhestand befindliche Manager habe ihm geholfen, viele Irrtümer zu vermeiden, sagt Preimesberger, der im Juni 2000 bei den Salinen eingetreten ist. Da die Stelle als interner Revisor keine volle Position umfasste - dazu sei das Unternehmen zu klein - , wurde ein "Revisorenpool" aus sieben Personen gebildet, die ihre Erfahrungen und ihre Arbeitskraft einbrachten. Plhak stand ihnen dabei mit Rat und Tat zur Seite. Preimesberger ist voll des Lobs über die Kooperation mit dem "alten Hasen" Plhak. Prinzipiell sei er von der Idee hinter Passerelle angetan und würde sich selbst auch gerne als Passerelle-Manager anderen Unternehmen zur Verfügung stellen, wenn da nicht das "Ressourcenproblem" wäre. Umso mehr begrüße er es, wenn sich erfahrene Manager, die nicht mehr aktiv tätig sind, in anderen Firmen engagieren.

"Von Praktiker zu Praktiker" lautet die Devise beim Verein Passerelle. Vom Aufbau einer Personalabteilung über die Entwicklung eines Marketingkonzeptes bis zur Stärken-Schwächen-Analyse: die Einsatzgebiete eines Passerelle-Managers sind vielfältig. Das borgende Unternehmen zahlt dem verborgenden Unternehmen die Lohnkosten für jene Tage, die der Manager im Unternehmen eingesetzt ist. So günstig könne ein erfahrener Manager am freien Markt niemals für ein Projekt engagiert werden, so Morpurgo. Die Mitgliedsbeiträge des Vereins sind je nach Bedarf (abgebendes und/oder borgendes Unternehmen) gestaffelt.

Als Mitglied deponiert man seinen Bedarf nach einem Spezialisten bei der Geschäftsführung, diese recherchiert bei den anderen Mitgliedsfirmen, ob es jemanden mit dem gewünschten Anforderungsprofil gibt. Der Passerelle-Manager ist im Durchschnitt zwei bis drei Tage im Einsatz, manchmal aber auch über einen längeren Zeitraum. Weiters besteht die Möglichkeit, über den Verein einen Round Table für 12 bis 15 Personen zu einem bestimmten Thema (z.B. Mobbing oder Change Management) zu beantragen. Der Verein Passerelle nimmt die Anregung auf und organisiert einen Referenten, der mit einem Einführungsvortrag eine fruchtbare Diskussion in Gang bringen soll.

Im Unterschied zu Frankreich, wo die Organisation an den Projekten mitverdiene, sei Passerelle in Österreich als gemeinnütziger Verein nicht auf Gewinn ausgerichtet.

Morpurgo wünscht sich "viel mehr Mitglieder", und "mehr Geld", da sie keine Förderungen erhalte. Mit mehr Mitteln wäre auch die Expansion über die Grenzen möglich.

Nähere Informationen gibt es beim Verein Passerelle, Mohsgasse 1, 1030 Wien, Tel. 01/796 25 25, http://passerelle.at ; e-mail: office@passerelle.at