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Managerinnen an der obersten Spitze

Von Peter Muzik

Wirtschaft

US-Multis setzen auf Frauenpower. | Xerox, Kraft Foods, Pepsi und Yahoo sind vorgeprescht. | Heikle Missionen für weibliche Chefs. | Sie ist eine Frau, und sie ist die erste Schwarze, die es an die Spitze eines amerikanischen Top 500-Konzerns geschafft hat - selbst in jenem Land, wo angeblich alles möglich ist und erstmals ein farbiger Präsident amtiert, keine Alltäglichkeit: Im Juli trat die 51-jährige Ursula M. Burns als CEO bei der Xerox Corporation an, der sie schon seit 29 Jahren treu dient. Sie ist damit oberste Chefin von weltweit 54.000 Mitarbeitern, die im letzten Geschäftsjahr einen Umsatz von 17,6 Milliarden Dollar (rund 12,3 Milliarden Euro) erzielten.


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Burns, die sich von der Ferialpraktikantin über die Assistentin eines ihrer Vorgänger bis zur Senior Vice President hochgedient hat, ehe sie in die obersten Sphären abhob, löste ihre langjährige Kollegin Anne M. Mulcahy ab, die den Kopier- und Druckerspezialisten acht Jahre lang geführt hatte und nunmehr in die Position des Chairman (dies entspricht von der Wertigkeit einem Aufsichtsratschef) aufrückte.

Elitäre Minderheit

Die beiden Karriereladys, die durchaus freundlich im Umgang, aber eisern in der Sache sind, haben den dereinst schwächelnden US-Konzern mit harter Hand auf Vordermann gebracht, indem sie etwa 40 Prozent der Belegschaft abbauten.

Für das US-Wirtschaftsmagazin "Forbes", das alljährlich ein Ranking der 100 Superladys veröffentlicht, zählen beide zu den mächtigsten Frauen der Welt. Sheila Bair, 56-jährige Chefin des US-Einlagensicherungsfonds Federal Deposit Insurance Corporation, wird von der Zeitschrift sogar, knapp hinter der deutschen Kanzlerin Angela Merkel, als zweitmächtigste Frau der Welt geführt. Die gelernte Wissenschafterin, die bis 2006 an der University of Massachusetts Finanzpolitik lehrte und nebenbei Kinderbücher schreibt, ist im Interesse der Anleger letzte Anlaufstelle für bankrotte Banken.

Allein im heurigen Jahr hatte sie 69 einschlägige Pleiten zu verzeichnen - insgesamt ein Job, der anderswo wohl einem Mann vorbehalten wäre.

Während Männer in Toppositionen des Big Business weltweit noch immer so selbstverständlich sind wie Verkehrsunfälle, Grippewellen oder Naturkatastrophen, gelten Frauen als Konzernbosse auch in den Vereinigten Staaten als elitäre Minderheit. Der Ausnahmefall Xerox scheint jedoch Schule zu machen: Renommierte Unternehmen setzen nicht - wie vielerorts üblich - auf durchwegs männliche Vorstandsteams, sondern haben ihre oberste Führungsposition mit einer Frau besetzt.

Speziell in den letzten Jahren ist dieser Trend augenscheinlich geworden, weil etliche Managerinnen die traditionell männerdominierten Konzernstrukturen sprengen konnten und das dümmliche Klischee zu widerlegen scheinen, dass Wirtschaftsbosse unbedingt männlich zu sein haben: Beim Nahrungsmittelmulti Kraft Foods etwa hat die 56-jährige Irene Rosenfeld seit drei Jahren das letzte Wort - und das funktioniert genau so gut wie früher. Sie brachte nicht weniger als 26 Jahre Erfahrung in der Nahrungsmittelindustrie ein und hatte sich als promovierte Marketingspezialisten stets für schwierige Missionen empfohlen.

Nach einem zweijährigen Intermezzo beim Pepsi-Konzern wurde die zweifache Mutter vom chronisch schwächelnden Kraft-Konzern als Troubleshooterin zurückgeholt. Beim Versicherungskonzern WellPoint wiederum amtiert seit zwei Jahren Angela Braly ganz oben. Sie wird voll akzeptiert und konnte seither ihre Gage dank ausgezeichneter Performance bereits verdreifachen.

Auch der Chemiegigant DuPont wird seit Jänner 2009 von einer starken Frau gemanagt, die allen vorhandenen männlichen Alternativen vorgezogen wurde: Die 53-jährige Ellen J. Kullman zieht gerade gnadenlos ein hartes Restrukturierungsprogramm durch. Ihr Motiv: "Gerade in der Krise müssen wir alles tun, um stärker, schneller und agiler als je zuvor zu werden."

Schwierige Lage

Eine steile Karriere mitten in der Männerwelt schaffte auch die 53-jährige Indra Nooyi. Die gebürtige Inderin trat im Oktober 2006 beim Getränke- und Snackhersteller PepsiCo als Chief Executive Officer an. Sie war nach ihrem Studium an der Eliteuniversität Yale in New Haven und zwei Jobs bei ABB und Motorola 1994 in das PepsiCo-Headquarter gewechselt, wo sie bereits sieben Jahre später zur Finanzchefin aufstieg.

Die zweifache Mutter, die früher Cricket gespielt und in einer Girlband Rockmusik gemacht hat, war alsbald in alle strategischen Entscheidungen des Konzerns eingebunden und empfahl sich als überaus zähe und dennoch herzliche Powerfrau für höhere Weihen. Seit sie vor beinahe drei Jahren von ihrem männlichen Vorgänger die Schalthebel der Macht übernahm, will sie den Abstand zur Nummer eins, Coca Cola, verkleinern: Im Vorjahr stieg etwa der Pepsi-Umsatz um zehn Prozent - der sinkende Gewinn stört Nooyi allerdings empfindlich.

Umbau bei Yahoo

Keine leichte Mission hat auch Carol Bartz zu erfüllen: Die 61-Jährige, die im Jänner als neue Nummer eins bei Yahoo ins Lampenlicht rückte, muss den Internet-Konzern auf Vordermann bringen - ihr Vorgänger Jerry Yang hat das nicht geschafft. Bartz, während ihres Studiums Kellnerin und Cocktail-Mixerin in einem Club, hat etwa bei 3M und Sun Microsystems gearbeitet, ehe sie für 14 Jahre zur Softwarefirma Autodesk wechselte, wo sie zuletzt CEO war.

Die neue Yahoo-Chefin hat drei Ehrendoktorate gesammelt, war eine Beraterin von George W. Bush und gilt als beinhart, konsequent sowie verbal sehr offen: Gleich nach ihrer Ernennung kündigte Bartz an, dass sie künftig am Markt "einigen in den Hintern treten" werde. Übrigens: Ihr Ehemann hat seinen Job inzwischen schon aufgegeben und kümmert sich um die Erziehung der Tochter.

Österreichs ranghöchste Chefinnen

Die hochrangigste Managerin Österreichs ist Siemens-Generaldirektorin Brigitte Ederer. In der stark männlich dominierten Bankenszene ragen Regina Prehofer (Bawag) und Elisabeth Bleyleben-Koren (Erste Bank) als rare weibliche Ausnahmen hervor. In der Chefetage des Verbund ist Ulrike Baumgartner-Gabitzer sozusagen die Quotenfrau.

Die Wiener Stadtwerke setzen dafür voll auf Frauenpower: In ihrem Vorstand sitzen mit Gabriele Domschitz und Gabriele Payr gleich zwei Damen. Einen Platz ganz oben hat sich auch Monika Kircher-Kohl, Vorstandschefin von Infineon, gesichert. Ikea wurde bis Ende August von der Schwedin Helen Duphorn geführt. Beim Konkurrenten Interio ist Janet Kath die Nummer eins. Und Hennes & Mauritz vertraut in Österreich schon seit zehn Jahren auf Claudia Oszwald.

Intersport hört auf das Kommando von Gabriele Fenninger, Hogast wird von Barbara Schenk gemanagt, bei Ottakringer ist Christiane Wenckheim zumindest die Nummer zwei. Petra Jenner schaffte kürzlich den Einzug in die Geschäftsleitung von Microsoft Österreich.

Während bei Großunternehmen nur wenige Ladys an den Schalthebeln sitzen, sieht es bei Klein- und Mittelbetrieben völlig anders aus: Immerhin ist ein Drittel der heimischen Kammermitglieder weiblich - was bedeutet, dass etwa 100.000 rot-weiß-rote Betriebe von Frauen (mit)geführt werden.

Die weltweit mächtigsten Politikerinnen

Die deutsche Kanzlerin Angela Merkel wird vom US-Magazin "Forbes" für die mächtigste Frau der Welt gehalten. Die promovierte Physikerin bekennt sich zum Streben nach Macht. Denn ohne diese könne nichts zum Besseren verändert werden, heißt ihre Begründung.

Die argentinische Präsidentin Cristina Fernandez folgt in der Rangliste auf Platz 11, und Sonia Ghandi, Chefin der Kongresspartei Indiens, auf Rang 13. Frankreichs Wirtschaftsministerin Christine Lagarde rangiert an der 17. Stelle, die chilenische Präsidentin Michelle Bachelet auf Rang 22 und US-Außenministerin Hillary Clinton nimmt Platz 36 ein. In dem von Top-Managerinnen dominierten Ranking sind auch First Lady Michelle Obama, die britische Queen Elisabeth II., Gloria Arroyo, die philippinische Präsidentin, sowie die ukrainische Premierministerin Julia Timoschenko vertreten.

Obendrein fanden die Präsidentinnen von Liberia (Ellen Johnson-Sirleaf ist Afrikas erstes weibliches Staatsoberhaupt), Finnlands Tarja Halonen und Irlands Mary McAleese sowie die EU-Wettbewerbskommissarin Neelie Kroes Berücksichtigung. Desgleichen die isländische Premierministerin Johanna Sigurdardottir und Indonesiens Wirtschafts- und Finanzministerin Sri Indrawati. Überraschend in der Rangliste vertreten ist auch die Wirtschaftsministerin der Vereinigten Arabischen Emirate, Sheika Lubna Al Qasimi.