Wie sich die Währungsmärkte in den nächsten Jahren entwickeln werden, weiß niemand, aber einige Investoren haben eine Meinung.
Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 12 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.
Weil Sie gestern nicht dabei sein konnten, erzähle ich Ihnen, wie sich der Währungsexperte vom US-Investmenthaus Morgan Stanley, Ronald Leven, die Zukunft von Euro, Dollar und Co vorstellt.
Ob er recht behalten wird und ob seine Einschätzungen eine gute Investmentgrundlage sind, das müssen Sie als Investor bitte selbst beurteilen:
1. Wird es den Euro weiter geben?
Leven hat zwei Szenarien für die Eurozone. Eins davon werde mit 35- bis 40-prozentiger Wahrscheinlichkeit eintreten, das andere mit 25 Prozent. Das wahrscheinlichere ist laut Morgan Stanley, dass der Euro "weiterwurschteln" wird. Dass Griechenland aussteigt, sei etwas weniger wahrscheinlich. Auf jeden Fall werde der Euro sich weiter abschwächen, und dagegen werde auch eine Senkung der Zinsen nicht helfen, so Leven. Die Europäische Zentralbank (EZB) müsse die Geldmenge weiter "drastisch erhöhen". "Der Euro ist in einer ‚No-win‘-Situation, außer es kommt nun doch die Konjunkturerholung", so der Währungsexperte.
2. Wird die Schweiz die Bindung an den Euro beibehalten können?
Laut Leven wird die Bindung innerhalb der nächsten sechs Monate fallen müssen, wenn der Euro weiter abschwächt. Denn der Druck auf den Schweizer Franken, der durch die gestiegene Nachfrage nach der Währung als "sicherer Hafen" entstanden ist, werde derzeit unter anderem auf die Immobilienpreise umgeleitet. Diese seien bereits "explodiert", weil sich der Frankenkurs nicht anpassen kann. Außerdem halte die Schweizer Nationalbank schon jetzt Fremdwährungen, die rund 50 Prozent des gesamten Bruttoinlandsprodukts ausmachen. "Wenn das so weitergeht, dann werden es in einem Jahr 100 Prozent sein", warnte Leven.
3. Und wie geht es mit dem US-Dollar weiter?
"Es ist ein Irrglaube, dass das Interesse der Investoren an US-Dollar gestiegen ist, weil sie eine positive Entwicklung der Währung sehen", erläuterte Leven. Vielmehr sei die "aggressive Finanzpolitik" der US-Notenbank, auch "Fed" genannt, ein Auslöser dafür, dass der US-Dollar international immer mehr zur Finanzierungswährung wird. Niedrige Zinsen bedeuten nämlich eine günstige Kreditaufnahme. Gegen den japanischen Yen könnte sich der Dollar abschwächen, so der Morgan Stanley-Fachmann.
4. Apropos Japan: Wann erwischt es den asiatischen Inselstaat?
"Jedes Jahr im Jänner gibt es Investoren, die sagen, dass dies das Jahr sein wird, in dem Japan pleitegeht. Es scheint, dass Anleger es lieben, den Yen zu hassen", zeigte sich Leben überzeugt. Er selbst mag den Yen und glaubt die japanische Notenbank missverstanden: Sie interveniere nicht bei bestimmten Kurszielen zum US-Dollar, sondern nur, wenn der Yen zu stark falle oder steige. Außerdem sei der Yen weniger stark als oft angenommen, da sich die Preise nach Jahrzehnten der Depression auf einem sehr niedrigen Niveau befinden.
5. Wird der chinesische Yuan weiter im Wert steigen? Daran glaubt Leven im Moment nicht, weil die chinesische Regierung abwarte, wie schnell die Wirtschaft wächst.
Barbara Ottawa ist freie Journalistin und berichtet vorwiegend über Investitionen und Pensionskassen.